Weihnachten am liebsten ganzjährig
Noch früher, noch mehr Shopping-Events und Online-Rabatt-Tage: Der Kampf um das Geschäft mit Weihnachten wird härter – das Geld aber nicht wirklich mehr. Schon jeder fünfte Euro fließt ins Internet und damit meist ins Ausland.
SALZBURG. Die Zeiten, in denen der erste Adventsamstag den Startschuss für das Weihnachtsgeschäft gab, sind lang vorbei. Beim Begriff „Black Friday“denken viele längst nicht mehr an Börsencrash und Wirtschaftskrise, sondern an Rabattschlacht und Schnäppchenjagd. Und dass sich im Supermarkt bereits im September Lebkuchen in den Regalen türmen und wenig später in Möbelhäusern und Baumärkten die Gartenmöbel nahtlos Christbaumkugeln und Glitzer-Deko weichen, mag manche nerven, wirtschaftlich rechnet es sich offenkundig. Gekauft wird trotzdem.
Allein diesen Donnerstag lockte „Christmas Late Night Shopping“Tausende Kunden ins Designer Outlet Salzburg – Weihnachtsmarkt, Hüttenzauber und Stau bei der Anfahrt schon Anfang November inklusive. „Wir kaufen längst nicht mehr, weil wir etwas dringend brauchen“, sagt Handelsforscher Wolfgang Richter von RegioPlan. Zum Kauf verführen sollen Emotionen. „Und der niedrige Preis weckt starke Emotionen. Im Herzen sind wir offenbar noch Jäger und Sammler.“
Zwei Milliarden Euro wollen die Österreicher laut einer jüngsten Befragung der Uni Linz heuer für Geschenke ausgeben. Die Summe aber steigt seit Langem kaum. „Vielmehr wird umverteilt, sei es, dass man das Geld woanders ausgibt oder früher“, meint Richter. Die Onlinekonkurrenz sorgt hier für eine weitere Verschiebung nach vorn.
Zum Black Friday – der traditionellen amerikanischen Rabattschlacht zum Thanksgiving-Wochenende – sind lang schon Cybermonday und Cyberweek gekommen, und nun schwappt aus Asien der nächste Konsumfeiertag nach Europa. Der Singles’ Day am 11. November ist Chinas Antwort auf die amerikanischen Kaufrauschtage. Der Singles’ Day wurde ursprünglich von vier chinesischen Studenten als Antivalentinstag ins Leben gerufen. Das Datum wurde gewählt, weil die Zahl Eins in China als Symbol für Single steht. Onlinehändler – allen voran der Handelsriese Alibaba – machten daraus eine Rabattschlacht, die sich auszahlt: Im Vorjahr setzte Alibaba mehr als 27 Milliarden Euro an einem Tag um.
In Österreich gibt es am Singles’ Day heuer vor allem Onlineangebote. Harald Dutzler, Handelsexperte bei der PwC-Tochter Strategy&, rechnet aber damit, dass in den kommenden Jahren auch der stationäre Handel stärker aufspringt – ähnlich, wie es beim Black Friday passiert ist. Einerseits würden europäische Händler vermehrt versuchen, am Singles’-Day-Geschäft in China mitzunaschen und ihre Waren dort zu verkaufen. Andererseits werde der Tag auch in Europa übernommen. „Es ist im Vorweihnachtsgeschäft einfach eine gute Plattform.“
Noch hat der Black Friday aber die Nase vorn. Die Bekanntheit des Aktionstags lag laut einer Erhebung der KMU Forschung Austria im Vorjahr bei 65 Prozent. Heuer seien es deutlich mehr. „Wir sehen, dass die Bekanntheit dieser Konsumfeiertage weiter steigt“, sagt Wolfgang Ziniel von der KMU Forschung. „Der Handel kann sich diesen Trends nicht verschließen. Einerseits muss er mitspielen, andererseits ist die Gefahr groß, dass man den Konsumenten an zu große Preisnachlässe gewöhnt.“
Wer von den Rabatt-Tagen stärker profitiere, Geschäfte oder Onlinehandel, sei schwer zu sagen, meint Richter. Geschäftsstraßen und Einkaufszentren hätten den Vorteil, dass sie neben dem reinen Preisargument auf Kommunikation, Beratung, Kulinarik oder Kunst setzen könnten. Zuletzt freilich wächst der Onlinehandel zehn Mal schneller als der stationäre. Der Trend, über Sprachassistenten einzukaufen, dürfte das verstärken, meint Richter. „Alexa und Siri gehen nicht ins Geschäft.“
Vor Weihnachten ist der Onlineanteil zudem generell höher. Werden im Jahresschnitt 13 Prozent der Konsumausgaben online getätigt, dürften es im Weihnachtsgeschäft fast 20 Prozent sein. „Allein wenn man den Lebensmittelhandel herausrechnet, der nur zwei Prozent seiner Umsätze online macht, ergibt sich ein Onlineanteil von 18 Prozent“sagt Richter. Dazu komme, dass sich vor Weihnachten manche zum Kaufen gezwungen sehen, die sonst nicht gern shoppen gehen, und auch Last-Minute-Käufer neigten eher zum Onlinekauf.
Weit höher als bisher angenommen sei der Anteil, der von diesem Geld zu ausländischen Onlinegiganten fließt, sagt Richter. Zuletzt erhobene Daten würden zeigen, dass es über 60 Prozent sind, nicht einmal die Hälfte bleibt damit im heimischen Handel.