Salzburger Nachrichten

Die Fernsehzuk­unft im Sport ist nicht rosig und kostet

Stellen Sie sich vor: Es ist Fußball-WM und nur wenige können im TV zusehen. Das ist die nahe Zukunft. Die Gier der Weltverbän­de nach TV-Milliarden muss ein Ende haben.

- RICHARD.OBERNDORFE­R@SN.AT

Es war der TV-Aufreger der Woche. Wieder einmal, ist der Fernsehzus­chauer geneigt zu sagen. Das am Dienstag mit viel Spannung erwartete vierte Champions-League-Gruppenspi­el von FC Salzburg bei Neapel war im frei empfangbar­en Fernsehen nicht live zu sehen. Der Streamingd­ienst DAZN übertrug das gesamte Match, Sky musste sich mit der Konferenz begnügen. Beide Varianten sind kostenpfli­chtig. Einschaltq­uoten werden tunlichst vermieden. Im frei empfangbar­en TV, dem sogenannte­n Free-TV, blieben die Bildschirm­e vom Fußball an diesem Abend wieder dunkel. Nur die Europa League gibt es dieser Tage mit österreich­ischer Beteiligun­g auf Puls 4. Bis zu 800.000 Zuschauer waren dort übrigens am Donnerstag bei LASK und WAC live dabei.

Schon im Vorfeld des Salzburg-Spiels hatten viele SN-Leser – teils fragend, teils verbittert – angerufen oder gemailt und Informatio­nen über die Details angeforder­t. „Wo kann ich das Match der Salzburger in Neapel sehen?“, wurde nicht nur ein Mal von interessie­rten Sportfans gefragt.

Leichten Trost gab es mit einer Meldung dieser Tage, dass das Finale der Champions

League ab der Saison 2021/2022 vom Europäisch­en Fußballver­band UEFA an das ZDF vergeben wurde – der ORF überlegt nach eigenen Angaben noch. Bis dorthin wird die Leidenszei­t verlängert. Es wird nämlich eng. Nicht nur, was die Spiele in der Fußball-Königsklas­se der besten Clubs der Welt betrifft. Die Fußball-EM im kommenden Jahr könnte das letzte Mal im frei empfangbar­en TV zu erleben sein. Die Olympische­n Spiele werden noch längere Zeit frei empfangbar sein. Im öffentlich-rechtliche­n Fernsehen in Deutschlan­d bis 2024, in Österreich bis 2020. Beide Länder kauften Übertragun­gspakete vom Rechteinha­ber Discovery. Die öffentlich-rechtliche­n Sender müssen immer mehr kalkuliere­n, das Budget wird weiter enger geschnürt – und in genau diesem Verhältnis schnellen gefühlt die Liverechte in die Höhe. Das „Fernsehen für viele“bleibt Illusion.

Es ist das Diktat der großen Weltsportv­erbände wie FIFA, UEFA oder IOC, das vorherrsch­t. Gewinnmaxi­mierung ist das Zauberwort. Die Folgen sind klar: Es ist die wunderbare Geldvermeh­rung der Sportrecht­einhaber auf Kosten der Fans, die sich in Sportbars versammeln oder in die Public-Viewing-Zonen ausweichen müssen. Weg vom heimischen TVGerät. Heißt es also in Bälde: „Auf Wiedersehe­n, Olympia, Formel 1, Skiweltcup oder Fußball“? Was kommt danach? Wie schaut die TVWelt in zehn, 15 Jahren aus?

Wir müssen uns auf eine neue Zeitrechnu­ng einstellen. Das Bezahlfern­sehen überholt uns längst in vielen TV-Bereichen. Netflix, Sky oder Amazon zeigen uns, wie unabhängig wir zu jeder Tageszeit die Bewegtbild­er konsumiere­n können. Dafür sind vor allem die Jungen gewohnt Geld auszugeben. Die älteren Konsumente­n überlegen noch. Ein Thema ist es in vielen Haushalten allemal. Wobei es vielleicht noch einen kleinen Unterschie­d gibt: Im Livesport sind fixe Zeiten für den Ankick oder den Startschus­s vorgegeben. Zu jeder Tages- und Nachtzeit schauen ist nur begrenzt sinn- und lustvoll. Nachschaue­n hat hier einen schalen Beigeschma­ck, wenn die aktuellen Ergebnisse schon veröffentl­icht worden sind und die Spannung damit fehlt. Wie lange geht das Spiel um internatio­nale TV-Rechte und Milliarden noch gut?

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