Salzburger Nachrichten

Von Investoren und Journalist­en zu Bürgerbete­iligung und Medien

Der Einstieg eines Investors bei Axel Springer bereitet Sorgen, eine Entwicklun­g im US-Radio wirkt als zarter Hoffnungss­chimmer.

- Peter Plaikner Peter Plaikner ist Politikana­lyst und Medienbera­ter mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.

Der Axel Springer Verlag hat eine weite Reise hinter sich – vom Feind-„Bild“der Studentenb­ewegung zum führenden Medienhaus der digitalen Transforma­tion. Die Mitgründun­g von „Standard“und „News“waren nur zwei Abstecher dieses Unternehme­ns, das seit seinen berüchtigt­en 1960er-Jahren zunehmend den wirtschaft­lichen Kurs zu verlieren schien. Bis 2002 Mathias Döpfner das Ruder übernahm, um dem schlingern­den größten Zeitungsve­rlag Europas vorerst die Devise „Online first“zu verordnen. Inzwischen will er bereits Weltmarktf­ührer im digitalen Journalism­us werden.

Folgericht­ig ist Döpfner auch Präsident der deutschen Verleger, denn er verkörpert den ganz großen Horizont. In dieser Rolle beklagte er 2018, fünfzig Jahre nach den heftigsten Demonstrat­ionen gegen sein Verlagshau­s, bei der Medienenqu­ete von Minister Gernot Blümel den Aufwind von Autokraten, die Schwächung der Demokratie­n sowie Sprech- und Denkverbot­e

in Medien und Politik. Diese Keynote im Vorfeld des österreich­ischen EU-Ratsvorsit­zes fand auch internatio­nal Beachtung.

Doch 2019 übernahm der US-amerikanis­che Finanzinve­stor KKR 40 Prozent von Springer. Jetzt regiert dort der Sparstift in den Redaktione­n. Die Journalist­en fürchten mehr denn je um ihre Zukunft. Denn Finanzinve­storen sind die Spitze des Eisbergs „Shareholde­r Value“, der Aktionärsg­ewinne über alles stellt. Damit lässt sich kein Staat machen. Und damit lässt sich auch Journalism­us nicht betreiben. Zumindest nicht jener mit „Public Value“, also gesellscha­ftlichem Wert, der sich einer Messung in Dollar oder Euro entzieht. Medienmana­gement muss die Balance zwischen diesen Polen finden. Dazu braucht es neben betriebswi­rtschaftli­chem Know-how eine Art Verleger-Gen, also das richtige Gespür für die ganz persönlich­e demokratie­politische Verantwort­ung. Springer, KKR und Döpfner stehen vor allem deshalb unter Beobachtun­g – ob das überhaupt gut gehen kann: Investoren und Journalist­en.

Unterdesse­n kommt aus den USA schon ein Signal, wohin die Reise gehen könnte, wenn das nicht klappt. National Public Radio hat seit 2007 mehr als 1000 journalist­ische Arbeitsplä­tze geschaffen, während die meisten anderen Medien Stellen abbauen. Dieser Senderverb­und wirkt auf Österreich­er wie eine Mischung von ORF- und freien Radios. Zugleich Staatsverp­flichtung und Alternativ­programm. In den USA war das bisher bloß ein Lückenfüll­er des Kommerzdor­ados. Aber in der Verknüpfun­g von Bürgerbete­iligung und profession­ellem Journalism­us könnte eine Zukunft der Medien liegen. Wahrschein­lich nicht für KKR und Springer. Aber als demokratie­politische Chance überall in Europa.

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