Von Investoren und Journalisten zu Bürgerbeteiligung und Medien
Der Einstieg eines Investors bei Axel Springer bereitet Sorgen, eine Entwicklung im US-Radio wirkt als zarter Hoffnungsschimmer.
Der Axel Springer Verlag hat eine weite Reise hinter sich – vom Feind-„Bild“der Studentenbewegung zum führenden Medienhaus der digitalen Transformation. Die Mitgründung von „Standard“und „News“waren nur zwei Abstecher dieses Unternehmens, das seit seinen berüchtigten 1960er-Jahren zunehmend den wirtschaftlichen Kurs zu verlieren schien. Bis 2002 Mathias Döpfner das Ruder übernahm, um dem schlingernden größten Zeitungsverlag Europas vorerst die Devise „Online first“zu verordnen. Inzwischen will er bereits Weltmarktführer im digitalen Journalismus werden.
Folgerichtig ist Döpfner auch Präsident der deutschen Verleger, denn er verkörpert den ganz großen Horizont. In dieser Rolle beklagte er 2018, fünfzig Jahre nach den heftigsten Demonstrationen gegen sein Verlagshaus, bei der Medienenquete von Minister Gernot Blümel den Aufwind von Autokraten, die Schwächung der Demokratien sowie Sprech- und Denkverbote
in Medien und Politik. Diese Keynote im Vorfeld des österreichischen EU-Ratsvorsitzes fand auch international Beachtung.
Doch 2019 übernahm der US-amerikanische Finanzinvestor KKR 40 Prozent von Springer. Jetzt regiert dort der Sparstift in den Redaktionen. Die Journalisten fürchten mehr denn je um ihre Zukunft. Denn Finanzinvestoren sind die Spitze des Eisbergs „Shareholder Value“, der Aktionärsgewinne über alles stellt. Damit lässt sich kein Staat machen. Und damit lässt sich auch Journalismus nicht betreiben. Zumindest nicht jener mit „Public Value“, also gesellschaftlichem Wert, der sich einer Messung in Dollar oder Euro entzieht. Medienmanagement muss die Balance zwischen diesen Polen finden. Dazu braucht es neben betriebswirtschaftlichem Know-how eine Art Verleger-Gen, also das richtige Gespür für die ganz persönliche demokratiepolitische Verantwortung. Springer, KKR und Döpfner stehen vor allem deshalb unter Beobachtung – ob das überhaupt gut gehen kann: Investoren und Journalisten.
Unterdessen kommt aus den USA schon ein Signal, wohin die Reise gehen könnte, wenn das nicht klappt. National Public Radio hat seit 2007 mehr als 1000 journalistische Arbeitsplätze geschaffen, während die meisten anderen Medien Stellen abbauen. Dieser Senderverbund wirkt auf Österreicher wie eine Mischung von ORF- und freien Radios. Zugleich Staatsverpflichtung und Alternativprogramm. In den USA war das bisher bloß ein Lückenfüller des Kommerzdorados. Aber in der Verknüpfung von Bürgerbeteiligung und professionellem Journalismus könnte eine Zukunft der Medien liegen. Wahrscheinlich nicht für KKR und Springer. Aber als demokratiepolitische Chance überall in Europa.