Wieder was Modernes
ICHhabe schon oft moderne Zeiten miterlebt. Einer der ersten Begriffe, die ich als Bub aufgeschnappt hatte, war Sputnik. So hieß der Ahne aller künstlichen Weltraumsatelliten und für mich war das ein lustiges Wort. Viel vorstellen konnte ich mir nicht, was da genau passiert ist. Aber ich weiß noch, dass wir mit Rosskastanien und Zahnstochern Sputniks gebastelt haben.
Später flog Juri Gagarin als erster Mensch in das Weltall. Schon wieder sind neue moderne Zeiten angebrochen. Auch für mich. Ich war für mein Empfinden groß geworden und saß in der ersten Klasse Volksschule.
Den rasenden Fortschritt bekam ich in der Wochenschau, einem auch Anfang der Sechzigerjahre noch hochmodernen Medium mit. Da flimmerten (bitte wörtlich nehmen!) Filmberichte in Schwarz-Weiß von Ereignissen, die einen Tag bis Tage zuvor stattgefunden hatten, auf der Kinoleinwand. Die Leute gingen mit „ohhh“oder „uuhhh“lautstark mit. War ein Tor einer österreichischen Fußballmannschaft zu sehen, brandete Applaus auf. Die erste Mondlandung habe ich bereits vor dem Fernseher zu Hause miterlebt. Sie überstrahlte als Gipfel des modernen Lebens alles bisher Dagewesene – und das ist auch schon mehr als fünfzig Jahre her.
Moderne Zeiten an der Schwelle zum Jahr 2020. Nichts ist es geworden mit der spätestens für die Jahrtausendwende ins Auge gefasst gewesenen Besiedelung des Nachbarplaneten Mars. Ein dringendes Verlangen der Menschheit nach so einem Schritt ist auch nicht wirklich spürbar.
Viele in einer modernen Zukunft angesiedelt gewesenen Träumereien meiner Jugendzeit sind geblieben, was sie waren: Träumereien. Dafür navigiere ich heute mithilfe eines Telefons in der Hand durch die Musikgeschichte. Diese
Moderne ahnte niemand voraus. Mit dem gleichen Apparat sehe ich gestochen scharfe Videos. Nebenbei bezahle ich mit dem Ding Rechnungen und den Weg zur Urlaubsadresse zeigt es mir auch an. Ich genieße das und gehöre nicht zu den Leuten, die durch Handyabstinenz eine Steigerung ihrer Lebensqualität erwarten.
Damit wären wir bei einem weiteren modernen Phänomen: Die Flucht aus dem modernen Leben verbunden mit der Sehnsucht nach Omas Apfelstrudel. Früher soll doch alles ruhiger und gelassener gewesen sein. Dabei sind die Omas von heute mit Rock ’n’ Roll, den Beatles und teilweise schon mit Punks aufgewachsen.
Das nächste Moderne kündigt sich an: Verzicht auf das Auto. Wegen überhaupt. Die Stimmen werden lauter. Autonarrisch seit Sputniks Zeiten, beobachte ich diese Entwicklung – mit gemischten Gefühlen.