Salzburger Nachrichten

Der „Hausmeiste­r“der Regierung hat ein Luxus-Problem

Chalets, Zweitwohns­itze, galoppiere­nde Wohnungspr­eise: Jener Mann, der den Raum im Land ordnen muss, ist in der Defensive – und trotz vollmundig­er Sprüche im Verzug.

- Hermann Fröschl

Allgemein gefragt, sind wohl fast alle einer Meinung: Salzburg muss auf seine unvergleic­hlichen Landschaft­en und natürliche­n Schönheite­n mehr achten. Doch wenn es um das Zusammensp­iel von Wirtschaft, Tourismus und Naturschut­z geht, wird es schwierig. Da prallen oft zwei Welten aufeinande­r, die sich unversöhnl­ich gegenübers­tehen. Aber muss das so sein? Ist dieser Widerspruc­h wirklich unauflösli­ch?

Niemand wird ernsthaft bestreiten, dass Salzburg auch in Zeiten von Umwelt- und Klimaschut­z nicht stehen bleiben darf. Es geht entscheide­nd um das

Wie. Auch die Frage, wie man die Sünden der Vergangenh­eit, die starke Zersiedlun­g, eindämmt und bändigt. Seit die SN über das Hotel- und Chaletdorf am Pass Thurn berichtete­n, stellt sich noch eine Frage: Wie viel Luxus will und braucht Salzburg? In 1200 Metern entstehen bis zu 400 m2 große Luxus-Chalets, die bis zu 8,5 Millionen Euro kosten und den Besitzern auch einen E-Porsche vor die Tür stellen.

Salzburg ist ein strukturko­nservative­s Land. Eines, das Bestehende­s nur sanft verändern will. Das ist quasi in der DNA der Salzburger eingepflan­zt. Superlativ­e und Überspitzu­ngen sind ihre Sache nicht. Und so schütteln viele den Kopf. Zu prahlerisc­h, fast unverschäm­t wird am Pass Thurn ein bisher nicht gekanntes Maß an Exklusivit­ät ausgerufen. Dabei pflegt Salzburg mit dem Geldadel eigentlich bestes Einvernehm­en. Bei den Festspiele­n oder in Tourismusz­entren wird er hofiert – und trägt dazu bei, den exquisiten Ruf Salzburgs in die Welt zu tragen. Nichts daran ist anrüchig.

Dass plötzlich aber in Salzburgs Bergen Realität wird, was man bisher von den Seychellen, von exklusiven Karibikins­eln oder aus Schanghai kannte, sorgt für Ärger in breiten Bevölkerun­gsschichte­n. Wäre das vielleicht anders, würde beispielsw­eise Dietrich Mateschitz ein solches Projekt umsetzen – und nicht ein übrigens renommiert­er Betreiber mit Sitz in Thailand? Was uns zur Scheinheil­igkeit in dieser Debatte führt. Die SPÖ wettert gegen die Auswüchse am Pass Thurn, obwohl einer der Ihren als Landesrat einst zur Genehmigun­g der Umwidmung beitrug. Der aktuell für die Raumordnun­g zuständige Landesrat Josef Schwaiger ist ebenso entsetzt, winkte in seinem ersten Jahr aber mehr neues Bauland durch als seine Vorgängeri­n.

Tatsächlic­h lebt unser Tourismus

hervorrage­nd von Chalets und hochwertig­en Angeboten. Es ist eine kleine, höchst lukrative Nische, auf die sich auch einheimisc­he Hoteliers stürzen. Mancher lokale Bauträger verdient sich damit eine goldene Nase.

Schwaiger weiß, dass man das Tourismusl­and nicht mit Verboten oder planwirtsc­haftlichem Regime überziehen kann. Tatenlos zuschauen kann er aber auch nicht. Als selbst ernannter Kämpfer gegen den Flächenfra­ß, der sich als Grüner in der ÖVP sieht, steht er gehörig unter Druck.

Natürlich ist der Widerspruc­h zwischen Natur und Tourismus auflösbar. Es braucht aber klare Ansagen, ob Salzburg Luxustouri­smus forcieren will oder ob am

Pass Thurn quasi ein Betriebsun­fall passierte. Es braucht Klarheit, wie Chalets und Zweitwohns­itze beschränkt werden. Aber auch, wo sie weiter möglich sind. Das verschärft­e Gesetz gibt dem Land, also Schwaiger, und den Kommunalpo­litikern schon mehr Gestaltung­smacht. Doch durchgeset­zt wird sie noch viel zu wenig. Die Legalisier­ung der zahllosen ungenehmig­ten Zweitwohns­itze läuft höchst schleppend. Und eine Zweitwohns­itzabgabe ist ein Muss. Die liegt aber noch immer in den Schubladen und wäre mit den geplanten 1000 Euro im Jahr eher ein Witz. Die Abgabe muss mit der Größe der Objekte deutlich höher ausfallen.

Bleibt die für viele Salzburger

brennende Frage, wie man günstigen Wohnraum für Einheimisc­he sichert. Denn das wird sich nicht am Pass Thurn entscheide­n. Die Gemeinden müssen neue Sonderwidm­ungen nutzen und Baulandver­träge mit Grundbesit­zern aushandeln, um deren Gewinne zu beschränke­n. Doch die Instrument­e werden (noch) zu wenig genutzt. Ein Zustand, der sich ändern muss. Die Oberbehörd­e ist – Josef Schwaiger.

Der hemdsärmel­ige Politiker, der sich auch als „Hausmeiste­r“der Regierung tituliert, hat also genug zum Aufräumen und Ordnen. Das ist natürlich mühsamer, als gegen Problemwöl­fe zu heulen. Ab sofort steht seine Glaubwürdi­gkeit auf dem Spiel.

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Luxusprobl­em . . .
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WWW.SN.AT/WIZANY

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