Das kleinste Anbaugebiet von allen
Das kleinste und ursprünglichste Weinbaugebiet Österreichs. Am Eisenberg im Süden des Burgenlands begegnet man überall dem Wein.
Ein Herbsttag am Eisenberg. Die Region gleicht einem Postkartenidyll. Nur einen Steinwurf von der Grenze zu Ungarn entfernt liegt der urwüchsige Landstrich mit seinem herzlichen, durchaus etwas knorrigen Menschenschlag. Überall begegnet man dem Wein. Entlang der Rebgärten stehen die typischen Kellerstöckl mit ihrem hellgrünen Anstrich. Früher waren sie Presshäuser, Reifekeller und Lager. Heute sind viele als Ferienhaus umgebaut. Wer zur Ruhe kommen will, ist in dieser Abgeschiedenheit genau richtig. Die Weingärten hier sind steil, teilweise sehr steil. Die Böden meist karg. Oft liegt Grünschiefer im Unterboden, darüber eine mehr oder weniger dicke, eisenhaltige Lehmschicht. Der Eisen prägt die Weine, besonders den Blaufränkisch. Aufgrund seines „Goût de Terroir“ist er leicht von allen anderen heimischen Blaufränkern zu unterscheiden. Die Attribute: eine markant erdige Würze und ausgeprägte Mineralität. Die sogenannten Eisenberger, wie die Weine schon vor über hundert Jahren in der Umgangssprache hießen, duften nach roten und blauen Beeren, Kräutern und Pfeffer. Am Gaumen sind sie saftig, straff und gleichzeitig elegant. Christoph Wachter vom Weingut Wachter-Wiesler in
Deutsch Schützen ist eines der Winzer-Talente der Region. Er produziert Weine, die aufgrund ihrer Finesse und Authentizität weit über Österreich hinaus bekannt geworden sind. Seine Familie hat schon immer, auch während des Booms der auf Gefälligkeit getrimmten Rotweine, an das Potenzial und die Einzigartigkeit der Region geglaubt. Das macht sich heute bezahlt, denn weltweit ist der Weingeschmack differenzierter geworden. Autochthone Sorten sind ein Muss, die Herkunft spielt für den Konsumenten eine riesengroße Rolle. „Ich bin froh, dass die Zeit der fetten, holzigen und uniformen Weine vorbei ist“, sagt Wachter. „Das ist für uns eine super Entwicklung.“Der junge Winzer ist Obmann des regionalen Weinbauverbands und unermüdlicher Fürsprecher der DAC Eisenberg. In seiner Heimat liegen einige der höchstgelegenen Rieden des Burgenlands. Bis auf 450 Meter schlängeln sie sich den Berg hinauf. Weine aus den Lagen wie Reihburg, Szapary oder Saybritz sind die Lieblinge vieler Sommeliers.
Während der Verkostung bei Wachter-Wiesler kommt Thomas Straka dazu. Es rennt der Schmäh. Die Winzer im Gebiet verstehen sich und halten zusammen. Straka stammt aus Rechnitz. 20 Kilometer von Deutsch Schützen. Der Ort hat als südburgenländische Weißweininsel eine besondere Stellung. Straka ist unangefochtener Welschriesling-Könner. Was bei ihm in die Flaschen kommt, ist weit entfernt vom leider oft noch allgegenwärtigen apfelfruchtigen Welsch. Seine Weine sind lebendig, engmaschig und salzig. Und: Er kann auch Rotwein. Straka: „Für mich ist der Blaufränkisch von Eisenberg ein wenig mit Syrah zu vergleichen, vor allem wegen der Würze und des Tannins. In der Reife bekommen die Weine eine fast burgundige Finesse.“
Heute ist im Südburgenland, wie in allen heimischen Weingebieten, der Biogedanke wichtig. Wachter und Straka arbeiten organisch-biologisch. Markus Faulhammer vom Schützenhof wirtschaftet biodynamisch nach den Lehren von Rudolf Steiner. Achtsam öffnet er bei unserem Besuch eine Flasche Blaufränkisch „Sonne, Mond und Erde“2017. Er wurde zu Vollmond in der Nacht des 5. Oktober gelesen, um die Kraft des hell strahlenden Monds einzufangen. Wer den Wein jetzt kostet, wird begeistert sein. Er ist ein originalgetreues Abbild seiner Herkunft und Rebsorte. Für Faulhammer ist die Biodynamie die einzig logische Art, Weinbau zu betreiben. Sie folgt dem Kreislauf der Natur und der Gestirne. Dafür muss der Winzer aber vom bequemen Weg abbiegen und zurück zu den Wurzeln seiner Herkunft gehen. Das braucht Kraft und Leidenschaft, zahlt sich aber mehr als aus.