Plötzlich war die Berliner Mauer weg
Guido Stapelfeldt machte Karriere im DDR-Sport und erlebte 1989 den Mauerfall hautnah mit.
Es ist heute kaum noch vorstellbar: ein Staat, der seine Bürger einsperrt. Als Deutschland geteilt war, konnten die meisten Bewohner der DDR von Reisen nach Westeuropa nur träumen. Die Medien und die Wirtschaft waren unter staatlicher Kontrolle, bei Wahlen gab es nur eine Partei, bei Kritik an den Zuständen drohte Gefängnis. Um zu verhindern, dass die Bewohner diesem Land scharenweise Lebewohl sagen, wurde die Grenze als unüberwindlicher Todesstreifen mit Stacheldraht, Wachtürmen und unzähligen bewaffneten Soldaten ausgebaut. Und dann war vor 30 Jahren von einem Moment auf den anderen alles anders.
Guido Stapelfeldt hat die unglaublichen Ereignisse hautnah miterlebt. Der heutige Medienchef des Eishockeyclubs Red Bull Salzburg war damals ein junges Volleyballtalent und Nationalspieler der DDR. „Am 9. November 1989 saß ich gerade im Internat meines Clubs in Berlin und hörte im Radio, dass die Grenzen aufgemacht wurden“, erinnert sich Stapelfeldt. Mit zwei Freunden machte er sich auf den Weg an die Grenze. Weil auf der Straße das Gedränge zu groß wurde, kletterten die Leute schließlich über die Mauer in den Westen: „Dort warteten schon Leute und begrüßten uns mit Bier.“
Die Freude über das Ende der Trennung war 1989 auf beiden Seiten riesengroß. In den Jahrzehnten davor war die Auseinandersetzung zwischen Ost und West zum Glück nie mit Waffen geführt worden, dafür aber umso intensiver im Sport. In der DDR steckte der Staat viel Geld in diesen Prestigekampf und versorgte Athleten häufig auch mit unerlaubten Dopingpräparaten. Das Land gehörte regelmäßig zu den erfolgreichsten Teilnehmern bei Olympischen Spielen.
Sportler genossen Privilegien und durften ins „kapitalistische Ausland“reisen. Auch Guido Stapelfeldt kam als Volleyballer mehr herum als die meisten seiner Landsleute: „Wir waren beispielsweise in Schweden, Spanien und 1988 auch in Salzburg.“Mitunter nutzten DDR-Sportler die Gelegenheit, um zu flüchten. Guido Stapelfeldt sagt: „Ein guter Bekannter von mir hat sich in Griechenland abgesetzt.“Die Bewachung durch mitreisende staatliche Aufpasser sei nicht immer sonderlich streng gehandhabt worden: „Wenn ich gewollt hätte, wäre es ganz einfach für mich gewesen, abzuhauen.“
Bald nach seinem Sprung über die Mauer landete der Volleyballer in Österreich, wo er froh war, dass ein Autokauf hier vergleichsweise unkompliziert verläuft: „In der DDR betrug die Wartezeit auf ein Fahrzeug zehn bis 15 Jahre“, sagt Guido Stapelfeldt. Aber auch dafür habe sich eine kreative Lösung gefunden: „Die Leute haben ihre Kinder schon mit zwei oder drei Jahren auf die Warteliste gesetzt.“