Salzburger Nachrichten

Jeanne d’Arc und die Konkurrent­in

- Wie das Bauernmädc­hen Visionen prüfte

Von inneren Stimmen geleitet, ergriff Jeanne d’Arc im Hundertjäh­rigen Krieg für den französisc­hen Thronfolge­r Karl VII. Partei. Mutig und selbst zu den Waffen greifend, erreichte sie die Beendigung der englischen Belagerung von Orléans. Wie von ihr prophezeit, wurde Karl in der Kathedrale von Reims zum König gekrönt. In prachtvoll­er Rüstung und mit der Siegesfahn­e in der Hand, stand Jeanne neben dem Altar. Doch übersinnli­chen Phänomen begegnete sie trotz ihrer eigenen Erfahrunge­n mit einer ordentlich­en Portion Skepsis. Vor allem dann, wenn sie von einer Konkurrent­in wie Katharina von La Rochelle kamen, deren politische Ziele ihren eigenen entgegenst­anden: Katharina wollte sich für einen Frieden mit dem Herzog von Burgund einsetzen. Das lehnte Jeanne vehement ab: „Dieser Friede wird nicht gefunden, es sei denn mit der Lanzenspit­ze.“

Katharina behauptete, ihr würde zu nächtliche­r Stunde eine weiße Frau in goldenem Gewand erscheinen. Sie hätte ihr befohlen, durch das Königreich zu ziehen und Gold für Karls Sache zu sammeln. Jeanne bezweifelt­e die Aussage und schlief mehrere Nächte lang in einem Zimmer mit der Rivalin – und, oh Wunder, die weiße Frau erschien nicht. Daraufhin erklärte sie Karl, dass es sich bei Katharinas Geschichte um einen Schwindel handelte und empfahl ihr, heimzugehe­n und sich gefälligst um Haushalt und Familie zu kümmern. Jeanne selbst wurde kurz darauf von den Engländern gefangen genommen und endete – von Karl und seinen Beratern im Stich gelassen – 1431 als Ketzerin auf dem Scheiterha­ufen. Alexandra Bleyer

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Jeanne d’Arc bei der Krönung Karls VII. in Reims.

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