DIE ILLUSTRIERTE KOLUMNE
In der Welt der großen Narrative spielt Grün eine zentrale Rolle. Grün gilt als Farbe des Propheten. Grün wie die schattigen Palmenhaine der Wüstenoasen. Glaubhaft wird versichert, der Religionsgründer wäre in dieser seiner Lieblingsfarbe auch gewandet gewesen.
Das Grün der insularen Schafweiden gilt als Landesfarbe der Iren, einer katholischen Nation, deren Mission einst auch das abgelegene Österreich erfasste. Grün ist daher auch das hiesige Zentralbundesland eingefärbt – die Steiermark.
Als sich rebellische Reaktionäre, naturverbundene Nachdenker und abtrünnige Alternative zu einer Partei verbanden, war es nur naheliegend, dass sie sich die Farbe Grün gaben, und in Einklang damit auch gleich den Namen: Die Grünen. Hier fanden Ökofreaks und Grätzelanbeter zusammen, Demokratiesuchende und Proporzabtrünnige, kurz die schlimmen Kinder der Schwarzen. Die Kraft der Farbe erkannten Jahrzehnte später auch die Sebastianisten, als sie die tiefschwarze Volkspartei zur türkisen Liste rückerneuerten.
Nur der innerparteilichen Perspektive ist es geschuldet, dass die Grünen als linkes Gesindel und alternative Blödeltruppe verunglimpft wurden. Sollte es zu einer türkis-grünen Koalition kommen (und die Anzeichen dafür mehren sich), würde nur zusammenwachsen, was einst auseinandergefallen war.
Grün ist (noch vor Schwarz) die heilige Farbe der Volkspartei. Hatte doch Leopold Figl, Parteiheiliger der ÖVP, grüne Tinte in seiner Füllfeder. Grün wie die Wiesen des Landes, grün wie der Fichten Dickicht, grün wie die kupfernen Dächer der Dome. Ganz selbstverständlich signierte Leopold Figl den Österreichischen Staatsvertrag in grüner Farbe.