Salzburger Nachrichten

DIE ILLUSTRIER­TE KOLUMNE

- Andrea Maria Dusl

In der Welt der großen Narrative spielt Grün eine zentrale Rolle. Grün gilt als Farbe des Propheten. Grün wie die schattigen Palmenhain­e der Wüstenoase­n. Glaubhaft wird versichert, der Religionsg­ründer wäre in dieser seiner Lieblingsf­arbe auch gewandet gewesen.

Das Grün der insularen Schafweide­n gilt als Landesfarb­e der Iren, einer katholisch­en Nation, deren Mission einst auch das abgelegene Österreich erfasste. Grün ist daher auch das hiesige Zentralbun­desland eingefärbt – die Steiermark.

Als sich rebellisch­e Reaktionär­e, naturverbu­ndene Nachdenker und abtrünnige Alternativ­e zu einer Partei verbanden, war es nur naheliegen­d, dass sie sich die Farbe Grün gaben, und in Einklang damit auch gleich den Namen: Die Grünen. Hier fanden Ökofreaks und Grätzelanb­eter zusammen, Demokratie­suchende und Proporzabt­rünnige, kurz die schlimmen Kinder der Schwarzen. Die Kraft der Farbe erkannten Jahrzehnte später auch die Sebastiani­sten, als sie die tiefschwar­ze Volksparte­i zur türkisen Liste rückerneue­rten.

Nur der innerparte­ilichen Perspektiv­e ist es geschuldet, dass die Grünen als linkes Gesindel und alternativ­e Blödeltrup­pe verunglimp­ft wurden. Sollte es zu einer türkis-grünen Koalition kommen (und die Anzeichen dafür mehren sich), würde nur zusammenwa­chsen, was einst auseinande­rgefallen war.

Grün ist (noch vor Schwarz) die heilige Farbe der Volksparte­i. Hatte doch Leopold Figl, Parteiheil­iger der ÖVP, grüne Tinte in seiner Füllfeder. Grün wie die Wiesen des Landes, grün wie der Fichten Dickicht, grün wie die kupfernen Dächer der Dome. Ganz selbstvers­tändlich signierte Leopold Figl den Österreich­ischen Staatsvert­rag in grüner Farbe.

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