Eine Mehrheit der US-Bürger wünscht Verfahren gegen Trump
Um ein persönliches Fehlverhalten ging es bei Bill Clinton. Der Vorwurf gegen Donald Trump wiegt schwerer: Politischer Verrat.
Die Impeachment-Ermittlungen gegen Donald Trump werden von einer Menge populärer Irrtümer begleitet. Deshalb bleibt zu konstatieren: Nicht den Demokraten, sondern dem Präsidenten droht ein Desaster.
Das gescheiterte Impeachment Bill Clintons endete nicht, wie oft behauptet, in einem Desaster für die Republikaner. Tatsächlich sind sich die Wahlkampfmanager George W. Bushs und Al Gores heute einig, dass Clintons Fehlverhalten Gore im Jahr 2000 die Präsidentschaft kostete. Vergeblich versuchte sich der Demokrat von seinem Vorgänger zu distanzieren, während Bush keine Gelegenheit ausließ, feierlich zu versprechen, „die Ehre und Würde des Oval Office wiederherzustellen“.
Die Konservativen verloren weder bei den Kongress-Zwischenwahlen (Midterms) 1998, also kurz nach Beginn des Impeachments, noch bei den Kongresswahlen 2000 mehr als ein paar Mandate. Zwei Jahre nach dem Versuch, Clinton des Amtes zu entheben, kontrollierten die Republikaner das Weiße Haus, das Repräsentantenhaus
und den Senat. Wenn das ein Desaster ist, dürfen die Demokraten den kommenden Wochen entspannt entgegensehen.
Zudem gibt es jenseits der fehlenden Mehrheit im Senat für die Verurteilung des Präsidenten diesmal eine drastisch verschiedene Ausgangslage: Clinton war während seiner gesamten Amtszeit ein beliebter Präsident. Trump genoss nicht an einem einzigen Tag seit seiner Wahl die Unterstützung einer Mehrheit seiner Landsleute.
Während die Amerikaner vor Beginn der Amtsenthebungsverfahren in beiden Fällen mehrheitlich dagegen waren, änderte sich das Meinungsbild in Bezug auf Trump binnen weniger Tage dramatisch. Umfragen zeigen, dass nun eine Mehrheit der Amerikaner Impeachment-Ermittlungen befürwortet.
Die Erklärung für den massiven Umschwung deutet auf einen weiteren Unterschied hin: Bei Clinton ging es um persönliches Fehlverhalten, während Trump die USA und ihre demokratische Ordnung verraten hat, als er in der Ukraine auf Hilfe gegen einen politischen Gegner zu Hause drängte.
Trump lieferte dazu den „rauchenden Colt“in Form eines Gedächtnisprotokolls und der Freigabe der Whistleblower-Beschwerde. Darin kann jeder schwarz auf weiß nachlesen, wie Trump sein Amt missbraucht hat, um den Präsidenten eines Landes, das in seiner Sicherheit auf die USA angewiesen ist, zu nötigen, Wahlkampfmunition gegen Joe Biden zu liefern.
Da der Fall gegen Trump so klar gelagert ist, kann niemand sagen, wie eine Nichtverurteilung im Senat aus durchsichtiger Parteilichkeit von den Wählern beurteilt wird. Darüber Voraussagen treffen zu wollen wäre so töricht, wie Rückschlüsse aus der Geschichte ziehen zu wollen. Die Demokraten wissen, dass sie niemals 20 Republikaner im Senat überzeugen werden, den Präsidenten mit Zweidrittelmehrheit aus dem Amt zu drängen. Deshalb richten sie sich direkt an die Wähler, die im November 2020 über Trump zu Gericht sitzen. Sie sollen das Urteil über Trump sprechen.