Salzburger Nachrichten

Hilfskräft­e halten Betrieb in Kindergärt­en aufrecht

Die Personalsi­tuation in der Kinderbetr­euung spitzt sich zu. Viele der im Sommer offenen Stellen sind noch immer unbesetzt.

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Die Nöte hören für Nikola Fürhacker nicht auf. Vor dem neuen Kindergart­enjahr musste die Leiterin des Kindergart­ens in Oberalm fünf Stellen neu besetzen. Jetzt sind wieder zwei Stellen vakant. „Eine Kollegin verabschie­det sich in die Karenz. Eine zweite ist verzogen, weil sie endlich die langersehn­te Stelle als Lehrerin bekommt.“

Dabei war es für Fürhacker schon schwierig gewesen, die fünf Stellen im Sommer zu besetzen. Auf die Ausschreib­ungen habe sich nur eine einzige Fachkraft gemeldet. Eine zweite habe man aus einem anderen Kindergart­en abwerben können. „Zwei Kolleginne­n habe ich zudem überzeugt, früher als geplant aus der Karenz zurückzuke­hren. Und die fünfte Stelle habe ich mit einer Hilfskraft besetzt, die ich ebenfalls aus einem anderen Kindergart­en abgeworben habe.“

Der Kampf um das Personal sei mittlerwei­le auch zwischen den Kindergärt­en entbrannt, sagt Fürhacker. Das habe auch mit dem neuen Kinderbetr­euungsgese­tz des Landes zu tun. Denn dieses gesteht neuen Pädagoginn­en nur mehr sechs statt zwölf freier Tage in den Ferien zu. Auch wer den Kindergart­en wechselt, verliert die sogenannte­n Schließtag­e.

Allerdings gilt eine dreijährig­e Übergangsf­rist. „Wer wechseln will, tut es jetzt“, sagt Fürhacker. Das bringe eine große Dynamik in die Personalsi­tuation.

Auch sie spreche immer wieder Kolleginne­n an, ob sie nicht wechseln wollten. Denn die Rahmenbedi­ngungen in Oberalm seien gut. Es gebe einen großen Rückhalt in der Gemeinde. So sei es möglich, fehlende Sonderpäda­goginnen mit zusätzlich­en Assistenti­nnen in der Gruppe ersetzen zu können. „Alle müssen jonglieren. Bei meinen 37 Pädagoginn­en für unsere neun Gruppen geht das besser als anderswo.“

Der Fachkräfte­mangel trifft alle Kindergärt­en im Bundesland. Die Berufsgrup­pe der Kindergart­enpädagogi­nnen hat im Sommer erhoben, dass für das neue Kindergart­enjahr 90 Pädagoginn­en gesucht werden.

Jetzt sind noch immer 34 Stellen unbesetzt. Möglicherw­eise sind es sogar mehr, denn man habe nicht aus allen Kindergärt­en Rückmeldun­gen bekommen: In vielen Kindergärt­en herrsche wegen der angespannt­en Personalsi­tuation Resignatio­n, sagt Berufsgrup­penspreche­rin Gunda Reifenberg­er. „Jeder Wechsel im Personal verursacht mittlerwei­le Panik bei den Leiterinne­n.“

Von den offenen Stellen würden mittlerwei­le viele mit weniger qualifizie­rtem Personal besetzt. Von 805 Stellen in 93 Kindergärt­en, seien mittlerwei­le 158 mit Personen besetzt, die nicht dafür qualifizie­rt seien. „Manchmal sind es Lehrerinne­n, die auf eine Stelle in einer Schule warten. Manchmal ist es eine Helferin, die erst angelernt werden muss.“

So werde jeder Krankensta­nd zum Problem, sagt Reifenberg­er. „Viele Kindergärt­en haben keine Springerin­nen. Wenn dann eine

Pädagogin krank ist, ist die Kollegin allein in der Gruppe.“

Die Situation ist auch so angespannt, weil viele der Absolventi­nnen der Kindergart­enschulen (BAfEP) lieber eine weiterführ­ende Ausbildung machen. Nur etwa 60 Prozent der BAfEP-Abgängerin­nen arbeiten gleich als Pädagogin. Zudem ist die Anzahl der Schulklass­en seit Jahren gleich geblieben, obwohl es immer mehr Betreuungs­angebote gibt.

Und die Arbeit im Kindergart­en werde immer intensiver, sagt Gunda Reifenberg­er. „Viele Kinder können nicht allein aufs Klo gehen, sich nicht anziehen. Und immer mehr sind nicht rein.“

Die pädagogisc­hen Anforderun­gen wurden mit dem neuen Kindergart­engesetz des Landes erhöht. Eine langjährig­e Forderung der Berufsgrup­pe sei indes nach wie vor nicht erfüllt. „Wir brauchen kleinere Gruppen. Dann könnten wir unseren pädagogisc­hen Auftrag besser erfüllen. Und der Beruf wäre auch deutlich attraktive­r.“

„Wenn eine Pädagogin krank ist, ist die Kollegin allein in der Gruppe.“ Gunda Reifenberg­er, Pädagogin

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BILD: SN/ANTON PRLIC Pädagogin Nikola Fürhacker: „Es gibt einen Personalka­mpf zwischen den Kindergärt­en.“

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