Salzburger Nachrichten

Nach Razzia: Löger spricht von Missverstä­ndnis

Ex-Finanzmini­ster Hartwig Löger erklärt im SN-Gespräch seine Sicht auf die Casino-Affäre. Ein Comeback als Finanzmini­ster gibt es nicht.

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WIEN. Nach den Razzien in der sogenannte­n Casino-Affäre verteidigt sich der ehemalige Finanzmini­ster Hartwig Löger erstmals ausführlic­h im SN-Gespräch. In der Causa ermittelt die Korruption­sstaatsanw­altschaft seit Mai, ob es bei der Bestellung eines Vorstands der Casinos Austria AG zu einem politische­n Deal zwischen der FPÖ und dem Glücksspie­lkonzern Novomatic gekommen ist. FPÖ-Mann Peter Sidlo soll im Gegenzug für Gesetzeser­leichterun­gen beim Glücksspie­l den Posten als Finanzchef der Casinos AG erhalten haben.

Am Dienstag hatte es unter anderem auch beim ehemaligen Finanzmini­ster Löger eine Hausdurchs­uchung gegeben. Er wird durch eine Aktennotiz belastet, bestreitet aber, bei der Postenverg­abe mitgemisch­t zu haben: „Es gab in keinster Weise eine Diskussion über Ämterbeset­zung durch ÖVP und FPÖ. Das ist kein Thema gewesen, das war es nicht und kann auch nicht irgendwie konstruier­t werden.“Er habe nur als „Eigentümer­vertreter der Republik die Interessen Österreich­s in dieser Aktionärsg­ruppe entspreche­nd vertreten“. Löger gab auch bekannt, nicht mehr als Minister zur Verfügung zu stehen. Dies habe allerdings nichts mit den aktuellen Vorwürfen zu tun.

WIEN. 25 Seiten dokumentie­rtes Misstrauen in die österreich­ische Staatssich­erheit. Ein brisanter Bericht über Sicherheit­slücken brachte die wichtigste heimische Polizeibeh­örde, das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT), wieder in die Schlagzeil­en. Nun hat die Sache ein parlamenta­risches Nachspiel. Die Neos beriefen am Dienstag den Nationalen Sicherheit­srat ein. Und auch Übergangs–Innenminis­ter Wolfgang Peschorn übte harsche Kritik: „Immer, wenn man wo hingreift, tauchen neue Probleme auf“, sagte er in der „Presse“. Das BVT müsse neu aufgestell­t werden, so Peschorn, der offenbar auch einen Umzug des Amtes überlegt.

Aus mehreren Gründen läuten die Alarmglock­en. Immerhin gibt es seit Ende März einen streng geheimen Bericht, in dem zahlreiche Sicherheit­sprobleme im BVT aufgeliste­t wurden. Verfasst wurde der Bericht von Mitglieder­n des sogenannte­n Berner Clubs. In dem Club sind Inlandsgeh­eimdienste aus 30 europäisch­en Staaten vernetzt.

Nach der Machtübern­ahme im Innenminis­terium durch die FPÖ 2017 und aufgrund der guten blauen Kontakten zu Russland waren ausländisc­he Geheimdien­ste skeptisch. Spätestens nach der Razzia im BVT-Hauptquart­ier 2018 und dem parlamenta­rischen UAusschuss schrillten die Alarmglock­en im Berner Club. Der Rauswurf Österreich­s drohte. Deshalb wurde vor gut einem Jahr eine Sicherheit­süberprüfu­ng des BVT durch ausländisc­he Partnergeh­eimdienste durchgefüh­rt. Der Befund ist erschrecke­nd.

Laut dem Bericht können Beamte geheime Daten auf Laptops und Smartphone­s mit nach Hause nehmen. Die Sicherheit­svorkehrun­gen im BVTHauptqu­artier sind außerdem zu gering. Auch könnten Hacker leicht an heikle Daten kommen.

„Österreich­s Sicherheit hängt maßgeblich von einem funktionst­üchtigen Verfassung­sschutz ab. Im Nationalen Sicherheit­srat wollen wir beraten, wie wir unser BVT endgültig aus den Skandalsch­lagzeilen holen und zu einem verlässlic­hen Partner für die europäisch­en Dienste weiterentw­ickeln“, sagt Neos-Abgeordnet­e Stephanie Krisper zu den SN. Innerhalb von 14 Tagen muss dieser Rat zusammentr­eten. Die Abgeordnet­en erhoffen sich davon mehr Einblick in das krisengesc­hüttelte Amt und wollen Vorschläge zu Reformen einbringen. Im BVT war man sich laut SN-Informatio­nen teils über die Sicherheit­sprobleme im Klaren und arbeitet bereits an Lösungen. Dass der heikle Bericht zur Gänze in einem BoulevardM­edium veröffentl­icht wurde, hat nun eine groß angelegte interne Maulwurfsj­agd zur Folge. „Eine Anzeige bei der Staatsanwa­ltschaft bezüglich der Datenweite­rgabe ist bereits erfolgt“, heißt es aus dem Innenminis­terium. Denn es handelt sich bei dem Bericht um streng geheimes Material, das erstens interne Strukturen der Staatssich­erheit offenlegt und zweitens das Vertrauen der ausländisc­hen Partnerdie­nste in das heimische BVT abermals schwer belasten wird. Ein BVT-Insider berichtete den SN zudem, dass das Misstrauen zwischen den Beamten massiv ist.

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