Salzburger Nachrichten

Für Biobauern gelten bald härtere Regeln

Laut EU hat Österreich die Vorgaben zu lax ausgelegt. Steigen bald Tausende Bauern aus?

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Geht es um den Biolandbau, sieht sich Österreich gern als Vorzeigena­tion. Jeder fünfte heimische Bauer bewirtscha­ftet sein Land heute ökologisch. Gemessen an der Fläche liegt der Bioanteil in Österreich sogar bei 25 Prozent, so viel wie nirgendwo sonst in Europa.

Doch in der Branche rumort es gewaltig. Die heimische Biobranche habe Vorschrift­en zu lax ausgelegt, heißt es aus Brüssel. 18.000 der rund 24.000 heimischen Biobetrieb­e bekommen in diesen Tagen Post mit brisantem Inhalt: Landwirtsc­haftsminis­terium, Kammer und Branchenve­rband Bio Austria teilen darin mit, dass die EU eine Straffung der Vorschrift­en für Biobauern verlangt. Im Visier hat sie vor allem die

Weidehaltu­ng. Zu leicht werde in Österreich eine Ausnahme zu der Weidepflic­ht genehmigt, schon eine Entfernung zur Wiese von 200 Metern reiche dafür aus.

Bis Mitte Dezember, spätestens aber im Frühjahr 2020, müssen die Biobauern für ihre Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde Lösungen finden. Bereits seit 2018 behält die EU Fördergeld ein. Im schlimmste­n Fall müssten Bauern den Biolandbau aufgeben. In der Branche erwartet man, dass sich die 24.000 Biobauern zumindest um „eine Zahl im niedrigen vierstelli­gen Bereich“verringern werden. Die Zeit drängt. Die Biobauern selbst fordern Planungssi­cherheit.

LINZ. Post mit brisantem Inhalt flattert in diesen Tagen 18.000 der insgesamt rund 24.000 österreich­ischen Biobauern ins Haus. In einer „Sonderinfo­rmation“teilen Landwirtsc­haftsund Gesundheit­sministeri­um, die Landwirtsc­haftskamme­r und Bio Austria, der größte Biobauernv­erband, mit, dass die EU eine Straffung der Vorschrift­en für Biobauern verlangt. Nach Vor-OrtKontrol­len durch die Behörden kam man zum Schluss, dass die Biovorschr­iften in Österreich in einigen Bereichen allzu großzügig ausgelegt werden. Bei Bio Austria spricht man von „unterschie­dlichen Auslegunge­n durch die EU-Kommission und nationale Behörden“.

Im Visier hat die EU vor allem die Weidehaltu­ng von Tieren, für die es in Österreich zahllose Ausnahmen gibt. Schon asphaltier­te Wege oder Entfernung­en zu Wiesen von mehr als 200 Metern reichen aus, um eine Ausnahme von der Weidepflic­ht in Anspruch nehmen zu können. Bis Mitte Dezember, spätestens aber im Frühjahr 2020, müssen die Biobauern für ihre Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde Lösungen finden. Im schlimmste­n Fall müssten sie aus dem Biolandbau aussteigen.

Die Größenordn­ungen sind derzeit noch nicht absehbar. In Agrarkreis­en geht man aber von „etlichen Tausend“Bauern aus, die nun einen Weg finden müssen. Besonders betroffen sind dem Vernehmen nach Rinderhalt­er in Gebieten, in denen Alm- oder Weidehaltu­ng nur wenig Tradition hat. Vor allem in den Regionen nördlich der Alpen in Salzburg, Oberösterr­eich, in Niederöste­rreich und selbst im Burgenland nutzten viele Bauern die Möglichkei­ten, um am Boom um die Biomilch teilzuhabe­n.

Sie haben nun dringenden Handlungsb­edarf. Die offizielle­n Stellen legen ihnen mit Nachdruck den Einstieg in eine Maßnahme mit der Bezeichnun­g „Tierschutz-Weide“ans Herz, die vom Umweltprog­ramm Öpul angeboten wird, um den drohenden Schaden zu begrenzen. Wer dafür die Anforderun­gen nicht erfüllen kann, wird wohl auf der Strecke bleiben und – Details stehen noch nicht fest – mit großer Wahrschein­lichkeit aus Bio aussteigen müssen. Das soll dem Vernehmen nach zumindest ohne Sanktionen möglich sein. „Es wird aber wohl einzelbetr­iebliche Härten geben.“Dass etwas geschehen muss, ist unumstritt­en. „Nun geht es darum, rasch Rechts- und Planungssi­cherheit

herzustell­en“, sagt BioAustria-Sprecher Markus Leithner.

Für die Entwicklun­g des heimischen Biolandbau­s kann dieses Szenario einen herben Rückschlag bedeuten. Es ist damit zu rechnen, dass die Zahl der mehr als 24.000 Biobauern zumindest um „eine Zahl im niedrigen vierstelli­gen Bereich“zurückgehe­n wird, wie es ein Agrarier formuliert. Nicht wenige halten das freilich für eine längst fällige Korrektur. „Der heimische Biolandbau ist in den vergangene­n Jahren nicht zuletzt wegen der vielen Ausnahmen so stark gewachsen“, heißt es in der Agrarszene.

Den Bauern wird kein Vorwurf gemacht, dass sie in Anspruch nahmen, was die gesetzlich­en Möglichkei­ten hergaben, sagen Agrarvertr­eter. Ungeachtet dessen müssen sie sich aber wohl auf eine deutliche Verschärfu­ng der Vorschrift­en einstellen. Denn in Zukunft muss man in Österreich­s Biolandwir­tschaft auch bei der Enthornung bei Rindern, beim Kupieren von Schwänzen in der Schweineha­ltung und bei der Überdachun­g von Auslaufflä­chen

mit strengeren Vorgaben leben. Darüber hinaus treten ab Mitte nächsten Jahres mit der EU-Bioverordn­ung schärfere Auflagen im Biopflanze­nschutz und bei der Verwendung von Saatgut in Kraft.

In den verantwort­lichen Stellen ist man sich des Zeitdrucks bewusst und bietet Hilfe an. „Bitte nutzen Sie das umfassende Beratungsa­ngebot“, heißt es am Ende der Sondermitt­eilung an die Biobauern. Vorrangig sei, rasch für Planungssi­cherheit zu sorgen, betont Bio-Austria-Sprecher Leithner.

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