So hat der Winterspeck keine Chance
Zwischen Dezember und Februar legen die Österreicher am meisten Gewicht zu. Dabei ist es gar nicht so schwierig, etwas dagegen zu tun.
Zwischen Dezember und Februar legen die Österreicher am meisten Gewicht zu. Dabei ist es gar nicht so schwierig, etwas dagegen zu tun. Der Sportwissenschafter und Fitnessexperte Michael Mayrhofer hat dafür im SN-Interview einige einfache Tipps parat.
Wenn es draußen unfreundlich und kalt ist, lässt man seine Fitness gern schleifen. Der Sportwissenschafter und Fitnessexperte Michael Mayrhofer betont aber, dass richtiges Training gerade im Winter nicht nur körperlich, sondern auch psychisch gesund hält. Und er hat dafür einfache Tipps parat.
SN: Im Herbst und Winter fahren Natur und Tierwelt zum Großteil ihre Batterien herunter. Wäre es in dieser Zeit auch für den Menschen gut, etwas kürzerzutreten? Michael Mayrhofer: Das würde ich so für Leistungs- und Hochleistungssportler gelten lassen. Aber beim durchschnittlichen Bewegungsausmaß der Bevölkerung wäre es fatal, würde man im Herbst und Winter noch weiter zurückschalten. Im Gegenteil, man sollte Neues beginnen oder auf alle Fälle dabei bleiben. Auch mit dem sogenannten Winterblues ist es dann schnell vorbei: Macht man genug Bewegung, verbessert sich auch die hormonelle Lage sehr schnell.
SN: Was passiert dabei im Körper? Bewegung kurbelt nicht nur die vielfach genannten Glückshormone an, die ohnehin nur die wenigsten wirklich zu spüren bekommen. In der Medizin geht man davon aus, dass man wöchentlich rund 2000 Kalorien durch körperliche Aktivitäten verbrennen sollte, damit er richtig rundläuft. Fühlt man sich also wohl, hat das auch einen Einfluss auf die Psyche. Aus Studien weiß man, dass die Menschen, die im Herbst und im Winter mehr Bewegung machen, glücklicher sind.
SN: Wenn die Temperaturen jetzt immer mehr unter null
Grad Celsius absinken: Worauf muss man beim Sporteln in der Kälte besonders achten? So wie bei der Wetterfühligkeit gibt es auch Menschen, die sehr sensibel auf niedrige Temperaturen reagieren. Vor allem Frauen ist es leicht zu kalt. Da gilt es die richtige Kleidung zu wählen.
Grundsätzlich gilt: Je kälter es ist, umso mehr muss man „anwärmen“. Nicht klassisches Aufwärmen ist gemeint, sondern es geht darum, dass sich Körper und Atemwege langsam an die niedrigen Temperaturen gewöhnen.
SN: Also nicht gleich einen Sprint hinlegen?! Genau. Im Sommer ist das relativ einfach: Man geht an die frische Luft und läuft oder radelt weg. Wenn man das im Winter macht, sind die Atemwege stärker gefährdet. Gibt man aber dem Körper genug Zeit, dann passiert da gar nichts. Also zunächst 10 bis 15 Minuten an der kalten Luft sein, bevor man zum Beispiel wegläuft. Ganz empfindliche Menschen können die ersten fünf bis zehn Minuten auch versuchen, nur mit der Nase zu atmen, um das Risiko für Verkühlungen zu verringern. Dabei wird die Atemluft nicht nur erwärmt, sondern in den Atemwegen auch angefeuchtet. Wenn man dann einmal in Fahrt ist, kann man auch richtig loslegen.
SN: Gibt es eine Temperaturgrenze, ab der es für jeden problematisch wird?
Wir haben zwei Grenzwerte, von denen einer aus dem Leistungssport kommt: Skilangläufer dürfen nach den geltenden Regeln Wettkämpfe nur bis minus 20 Grad bestreiten. Für Hobbysportler würde ich das so nicht sehen. Nach langjährigen Erfahrungen darf man sich bis minus vier, fünf Grad intensiv belasten. Ist es kälter, sollte man es nur noch gemütlich angehen, also hauptsächlich Grundlagentraining.
Denn eines ist dabei auch zu beachten: Intensive sportliche Belastungen sind auch eine große Belastung für das Immunsystem.
SN: Wie erklärt sich das? Der Körper ist voll damit beschäftigt, die Leistung zu erbringen, und hat dann nicht mehr so viel Energie, auch andere Systeme zu bedienen.
SN: In diesem Zusammenhang spricht man vom sogenannten Immunfenster, das nach Trainingseinheiten aufgeht. Muss man da bei Kälte stärker aufpassen als sonst? Grundsätzlich ist die Gefahr, sich in der kalten Jahreszeit beim Sport im Freien zu verkühlen, sehr gering. Das schätzen viele falsch ein. Gefährlich ist die Zeit nach dem Belastungsende, nach einer Skitour, nach dem Langlaufen oder Laufen, wenn man noch eine Zeitlang im Freien verbringt und sich nicht trocken legt. Das ist das „open window“, das „offene Fenster“. Genau in dieser Phase ist das Immunsystem noch heruntergefahren.
Ein wichtiger Tipp dazu: Viele vergessen nach dem Sport, ihren Kopf zu schützen. Die Haare sind oft feucht. Sie sollten daher leicht trocken gerieben werden – und man sollte eine trockene Haube aufsetzen. Dann verringert man die Gefahr einer Verkühlung sehr stark.
SN: Was sollte man nach dem Sport ernährungsmäßig beachten, um möglichst rasch zu regenerieren? In den ersten 20 bis 30 Minuten nach der Belastung sollte man eine Kleinigkeit essen und trinken. Kohlenhydrate sind besonders wichtig. Damit stabilisiert sich das Immunsystem rascher. Hat man sich stark belastet und isst und trinkt danach zwei Stunden lang nichts, erhöht das auch das Risiko für Infekte.
SN: Kann man im Winter beim Anziehen viel falsch machen? Ja, weil man sich von den niedrigen Temperaturen leicht verleiten lässt, zu viel anzuziehen. Die Folge ist: Der Körper überhitzt. Und was viele unterschätzen: Es wird mehr Energie fürs Kühlen benötigt als fürs Aufwärmen des Körpers.
Deshalb sollte man beim Rausgehen an die Luft noch ein leicht frisches Gefühl haben. Nach den ersten fünf bis zehn Minuten sollte einem dann aber gut und angenehm warm sein. Ein Tipp dazu: Hände und Kopf haben eine Art Dampfkesselfunktion. Setzt man eine Haube auf oder zieht Handschuhe an, kann man als Faustregel auf eine Kleidungsschicht verzichten. Hier kann man also ein bisschen spielen und ausprobieren, was bei einem am besten funktioniert.
SN: Mit Blick auf die beginnende Skisaison: Wie wichtig ist im Winter das Krafttraining? Die Zeit zwischen Weihnachten und Februar ist fitnessmäßig die schwierigste Zeit. Hier nehmen die Menschen am meisten Gewicht zu. In dieser Zeit weniger zu trainieren und das Krafttraining zu vernachlässigen ist kontraproduktiv. Also voll hinein in den Winter und sich auch sportlich etwas vornehmen, einmal eine andere Sportart oder ein Fitnessstudio auszuprobieren, kann ich nur empfehlen.
Die Kräftigung der Muskulatur gehört da natürlich dazu. Kräftige Oberschenkel und ein gut trainierter Rumpf helfen einem auch beim Skifahren, ohne dass einem schnell die Luft ausgeht und die Knie weich werden. Bei der Kraft im Winter einen Schwerpunkt zu setzen hilft auch, den Grundumsatz an Kalorien zu erhöhen, wenn man schon insgesamt zu weniger Sport kommt. Das Interview mit Michael Mayrhofer (Personal Fitness) können Sie in der vollen Länge im SN-Podcast hören:
WWW.SN.AT/PODCAST
„Ab minus fünf Grad nur leicht belasten.“
Michael Mayrhofer, Fitnessexperte