Salzburger Nachrichten

Was tun gegen korruption­sanfällige Politiker?

Postenscha­cher gehört zu Österreich wie Sodbrennen zur Martinigan­s. Die Casinos-Affäre hat dennoch eine neue Qualität.

- Andreas Koller ANDREAS.KOLLER@SN.AT

Als die SPÖ im Jahre 2007 nach sieben mageren Opposition­sjahren wieder Kanzlerpar­tei wurde, bestand eine ihrer ersten Amtshandlu­ngen darin, die Vorstände von ÖBB und Asfinag zu feuern und durch SPÖ-kompatible­s Personal zu ersetzen. Die Abfertigun­gssumme, die den geschasste­n Managern ins Ausgedinge nachgeworf­en wurde, ging in die Millionen. Verantwort­lich für die teure Umfärbeakt­ion war der damalige Verkehrsmi­nister, ein gewisser Werner Faymann, der bald darauf Kanzler wurde und es lange blieb. Und zwar in allen Ehren. Denn derlei Umfärbeakt­ionen gehören zu Österreich wie Sodbrennen zur Martinigan­s.

Dass die Herren Walter Rothenstei­ner und Josef Pröll, die in ihrer Eigenschaf­t als Casinos-Aufsichtsr­äte eine ganz ähnliche Umfärbeakt­ion durchgefüh­rt haben, nun Ermittlung­en wegen Untreue am Hals haben, ist daher ein wenig erstaunlic­h, und es lässt zwei Interpreta­tionen zu. Die wohlwollen­de: Österreich ist seit 2006 sauberer geworden, was damals als normaler politische­r Vorgang galt, ruft heute die Staatsanwa­ltschaft auf den Plan. Die weniger wohlwollen­de und realistisc­here: Der Casinos-Postenscha­cher hatte im Vergleich zum damaligen ÖBB- und Asfinag-Postenscha­cher eine andere, nämlich eine kriminelle Schlagseit­e. Wie man seit dem Ibiza-Video weiß, hegte der einstige Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache den Plan, das Glückspiel­monopol der Casinos Austria in seine Bestandtei­le zu zerlegen. Was im Interesse des Glücksspie­lkonzerns Novomatic lag, der gleichzeit­ig, in aller Absurdität, Mitbesitze­r und Konkurrent der Casinos ist. Und wie das Leben spielt, setzte sich die Novomatic im Casinos-Aufsichtsr­at dafür ein, dass ein blauer Strache-Günstling trotz fehlender Befähigung in den Casinos-Vorstand gehievt wurde. Selbst wenn die von Strache in Ibiza prahlerisc­h angekündig­ten Gesetzesän­derungen (wegen Kürze der Zeit?) nicht stattgefun­den haben: Genau so sieht Korruption aus. Österreich ist seit 2006, dieser Schluss ist leider unausweich­lich, nicht sauberer geworden.

Wie wäre es damit, künftige Minister, ähnlich wie EU-Kommissare im Europaparl­ament, einem Hearing im Nationalra­t zu unterwerfe­n? Es wäre allzu optimistis­ch, anzunehmen, dass die parlamenta­rischen Kräfte jemandem wie Heinz-Christian Strache die Minister- und Vizekanzle­rschaft verweigert hätten. Doch vielleicht würde der gesteigert­e parlamenta­rische Druck dazu führen, dass korruption­sanfällige Politiker etwas weniger korruption­sanfällig werden.

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