Doppelte Koalitionshürde
Kompromisse finden wird für ÖVP und Grüne schwer. Sie allenfalls umsetzen nicht einfacher. Beispiel Klimaschutz.
Die Gegensätze zwischen der türkisen ÖVP und den Grünen sind groß: Wie die Mitterechts-Partei von Sebastian Kurz mit der Mittelinks-Partei von Werner Kogler zusammenkommen will, ohne ihre Position zu verschieben, ist ein Rätsel. Andererseits gibt es Dinge, die kaum verortet werden können: Was ist die Abschaffung der Vignette und die Erhöhung der Mineralölsteuer zur Gegenfinanzierung dieser Maßnahme? Links? Rechts? Sagen wir so: Es handelt sich um einen Beitrag zum Klimaschutz, wie er von ÖVP und Grünen in Vorarlberg gerade vereinbart worden ist.
Das ist ein Signal dafür, was zwischen den beiden Parteien auf Bundesebene möglich sein könnte. Mehr nicht: Die Landespolitiker im äußersten Westen haben es relativ einfach, solche Akzente zu setzen. Sie müssen sich in weiterer Folge nicht um den schwierigeren Teil der Aufgabe kümmern: den Beschluss und die Umsetzung. Dafür ist die Bundespolitik zuständig.
Sebastian Kurz würde es dort von vornherein eine gewisse Überwindung kosten, einer Mineralölsteuererhöhung zuzustimmen. Er war bisher ausschließlich auf Entlastungen programmiert. Belastungen für österreichische Staatsbürger waren tabu. Das heißt, dass er wortbrüchig werden müsste. Begründen könnte er das allenfalls damit, dass er im Sinne einer Verständigung auf ein Koalitionsprogramm keine andere Wahl habe, als Kompromisse einzugehen. Das wäre nachvollziehbar.
Damit wäre eine Hürde genommen. Bleibt eine weitere: Maßnahmen, die Autofahrer betreffen, sind grundsätzlich extrem heikel. Sie lösen heftige Debatten aus. Allein schon die Umstellung der einst schwarzen Kennzeichen auf die heutigen im Jahr 1990 hat zu Auseinandersetzungen geführt, als wäre es um die Zukunft der Republik gegangen. Ähnlich war es wenige Jahre später bei der Einführung der Autobahnvignette.
Sie kostet 89,90 Euro pro Jahr und ist ökologisch gesehen absurd: Wer 1000 Kilometer fährt, zahlt für die Autobahnbenützung umgerechnet neun Cent pro Kilometer, wer auf 10.000 kommt, einen Cent. Sprich: Wer wenig fährt, ist der Dumme. Belohnt wird, wer Kilometer macht und dabei eben auch Abgase produziert. Also wäre es sinnvoll, die Vignette abzuschaffen und die 500 Millionen Euro, die sie bringt, zum Beispiel durch eine Erhöhung der Mineralölsteuer hereinzuholen. Politisch ist das jedoch ein extrem großer Kraftakt, den ÖVP und Grüne im Falle des Falles wohl nur dann bestehen könnten, wenn sie sich gemeinsam dazu bekennen, Überzeugungsarbeit leisten und nicht gleich beim ersten Gegenwind umfallen. Ja, wenn sie bereit sind, sich einem ernsthaften Beziehungs- und Standhaftigkeitstest zu unterziehen.