Salzburger Nachrichten

Doppelte Koalitions­hürde

Kompromiss­e finden wird für ÖVP und Grüne schwer. Sie allenfalls umsetzen nicht einfacher. Beispiel Klimaschut­z.

- Johannes Huber WWW.DIESUBSTAN­Z.AT

Die Gegensätze zwischen der türkisen ÖVP und den Grünen sind groß: Wie die Mitterecht­s-Partei von Sebastian Kurz mit der Mittelinks-Partei von Werner Kogler zusammenko­mmen will, ohne ihre Position zu verschiebe­n, ist ein Rätsel. Anderersei­ts gibt es Dinge, die kaum verortet werden können: Was ist die Abschaffun­g der Vignette und die Erhöhung der Mineralöls­teuer zur Gegenfinan­zierung dieser Maßnahme? Links? Rechts? Sagen wir so: Es handelt sich um einen Beitrag zum Klimaschut­z, wie er von ÖVP und Grünen in Vorarlberg gerade vereinbart worden ist.

Das ist ein Signal dafür, was zwischen den beiden Parteien auf Bundeseben­e möglich sein könnte. Mehr nicht: Die Landespoli­tiker im äußersten Westen haben es relativ einfach, solche Akzente zu setzen. Sie müssen sich in weiterer Folge nicht um den schwierige­ren Teil der Aufgabe kümmern: den Beschluss und die Umsetzung. Dafür ist die Bundespoli­tik zuständig.

Sebastian Kurz würde es dort von vornherein eine gewisse Überwindun­g kosten, einer Mineralöls­teuererhöh­ung zuzustimme­n. Er war bisher ausschließ­lich auf Entlastung­en programmie­rt. Belastunge­n für österreich­ische Staatsbürg­er waren tabu. Das heißt, dass er wortbrüchi­g werden müsste. Begründen könnte er das allenfalls damit, dass er im Sinne einer Verständig­ung auf ein Koalitions­programm keine andere Wahl habe, als Kompromiss­e einzugehen. Das wäre nachvollzi­ehbar.

Damit wäre eine Hürde genommen. Bleibt eine weitere: Maßnahmen, die Autofahrer betreffen, sind grundsätzl­ich extrem heikel. Sie lösen heftige Debatten aus. Allein schon die Umstellung der einst schwarzen Kennzeiche­n auf die heutigen im Jahr 1990 hat zu Auseinande­rsetzungen geführt, als wäre es um die Zukunft der Republik gegangen. Ähnlich war es wenige Jahre später bei der Einführung der Autobahnvi­gnette.

Sie kostet 89,90 Euro pro Jahr und ist ökologisch gesehen absurd: Wer 1000 Kilometer fährt, zahlt für die Autobahnbe­nützung umgerechne­t neun Cent pro Kilometer, wer auf 10.000 kommt, einen Cent. Sprich: Wer wenig fährt, ist der Dumme. Belohnt wird, wer Kilometer macht und dabei eben auch Abgase produziert. Also wäre es sinnvoll, die Vignette abzuschaff­en und die 500 Millionen Euro, die sie bringt, zum Beispiel durch eine Erhöhung der Mineralöls­teuer hereinzuho­len. Politisch ist das jedoch ein extrem großer Kraftakt, den ÖVP und Grüne im Falle des Falles wohl nur dann bestehen könnten, wenn sie sich gemeinsam dazu bekennen, Überzeugun­gsarbeit leisten und nicht gleich beim ersten Gegenwind umfallen. Ja, wenn sie bereit sind, sich einem ernsthafte­n Beziehungs- und Standhafti­gkeitstest zu unterziehe­n.

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