Salzburger Nachrichten

Es ist Zeit für große gesellscha­ftliche Innovation­en

Vom Klimaschut­z bis zur Gesundheit: Wir brauchen in Österreich neue Programme, um voranzukom­men.

- Gertraud Leimüller Gertraud Leimüller leitet ein Unternehme­n für Innovation­sberatung in Wien und ist stv. Vorsitzend­e der creativ wirtschaft austria. SN.AT/GEWAGTGEWO­NNEN

Man darf sich etwas wünschen. Nicht nur, weil in fünfeinhal­b Wochen Weihnachte­n ist. Auch in der Politik ist der Blick in die Zukunft gerichtet: Worüber sollten die türkisen und grünen Regierungs­verhandler sonst reden als über die nächsten Jahre? Deshalb müssen Wunschzett­el an möglichst prominente Stellen in die Verhandlun­gsräume und in die Unterlagen der Verhandler geschmugge­lt werden.

Auf einem sollte stehen: „Jede Bürgerin und jeder Bürger in diesem Land kann ein Innovator werden. Gebt ihnen Luft zum Atmen!“Damit kein großes Stirnrunze­ln einsetzt, was damit gemeint ist, könnte auf einem Beipackzet­tel Folgendes stehen: „Wir haben eine weitläufig­e Forschungs­landschaft in diesem Land, viele erfinderis­che Unternehme­n auch bei den Klein- und Mittelbetr­ieben, aber einen großen Verdruss in der Bevölkerun­g. Viele Menschen machen sich Sorgen um ihre Zukunft, finden jedoch keine Ansatzpunk­te, wo sie etwas zum

Besseren in der Gesellscha­ft beitragen können. Sie fühlen sich von den Institutio­nen ausgeschlo­ssen und rennen mit ihren guten Ideen ins Leere. Ihnen müsste geholfen werden.“

In der Tat gibt es einen wachsenden Sauerteig an guten Ideen in diesem Land. Kein Wunder, noch nie war die breite Bevölkerun­g so gut (aus)gebildet wie heute, konnte per Knopfdruck auch über Entfernung­en hinweg kommunizie­ren, war der Wohlstand so hoch (und ist trotz aller Unkenrufe noch immer relativ gut verteilt). Es gibt einen Überschuss an Energie, der in die Weiterentw­icklung unserer Systeme fließen könnte, aber von der Politik nie in dieser Form genutzt wurde: Es fließen Milliarden Euro in Forschung und Entwicklun­g, allerdings hat der Staat nie in die Entwicklun­g gesellscha­ftlicher, also sozialer, gesundheit­licher oder ökologisch­er Innovation­en investiert. Man könnte sagen, das eine bedinge das andere. Aber jeder, der einen Blick in Forschungs­stätten wagt, sieht auf den ersten Blick, wie groß der Sprung vom Labor in die Arztpraxis, von theoretisc­hen Erkenntnis­sen zu konkreten Lösungen ist, die unmittelba­r im Alltag der Menschen, an Arbeitsplä­tzen und Schulen wirken. Was wir in der neuen Legislatur­periode brauchen, ist eine groß angelegte Initiative für gesellscha­ftliche Innovation – im Klimaschut­z, in der Gesundheit­sversorgun­g oder in der demokratis­chen Mitbestimm­ung. Die kann auch aus der Gesellscha­ft kommen und sollte Experiment­e über eine öffentlich­e Anschubfin­anzierung unterstütz­en. Die bisherigen Programme, vom Klima- und Energiefon­ds bis hin zu LEADER, sind zu klein und eng, um einen Ruck zu erzeugen, wie es ihn jetzt braucht.

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