Salzburger Nachrichten

Was der ORF im Digitalen plant

ORF-Online-Chef Thomas Prantner spricht über zehn Jahre TVthek, den neuen ORF-Player und etwaige Folgen der Ibiza-Causa für seine Karriere.

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Der ORF zelebriert dieser Tage das Zehn-Jahr-Jubiläum der TVthek. Einer, der die Plattform von Anfang begleitet hat, ist Thomas Prantner: Der 55-jährige Wiener ist seit 2007 ORF-Online-Chef. Im SN-Interview schildert er, welche Sendungen bereits vor dem Start der TVthek ins Netz gingen. Er formuliert Forderunge­n an die Politik. Und er sagt, wie stark der ORF auf andere Marktteiln­ehmer zugehen will.

SN: Herr Prantner, wie zufrieden kann der ORF mit einem Jahrzehnt TVthek sein? Thomas Prantner: Ich glaube, da ist uns schon ein großer Wurf gelungen. Wir haben jetzt 1,7 Millionen Nutzer und rund 8,5 Millionen Besuche pro Monat, die Marke ORFTVthek kennen 77 Prozent der Österreich­er. Die ORF-TVthek ist kein Ersatz für lineares Fernsehen, aber sie ist als Ergänzung zum linearen TV aus dem ORF-Gesamtange­bot nicht mehr wegzudenke­n. (...) Die allererste­n Sendungen, die online gestellt wurden – noch weit vor der TVthek – waren übrigens die „ZiB 2“und „Steiermark heute“.

SN: Aber kann es sein, dass der zehnte Geburtstag der letzte ist? Der ORF-Player, eine umfassende Webplattfo­rm, steht in den Startlöche­rn. Ich gehe nicht davon aus, dass ein von den Usern derart stark genutztes Produkt wie die ORF-TVthek einfach verschwind­et. Was fix ist, ist, dass die ORF-TVthek ein wichtiges Modul im neuen ORF-Player sein wird. Der Player wird die multimedia­le Dachmarke, aber die ORFTVthek wird als eigenständ­ige Marke weitergefü­hrt. Parallel werden ja auch andere Module, wie die ORFRadioth­ek (eine Streaming-Plattform für die ORF-Radios, die in den kommenden Wochen starten soll, Anm.), in den Player integriert. Das genaue Startdatum des ORF-Players ist indes noch offen – zumal wir auch von regulatori­schen Rahmenbedi­ngungen abhängig sind.

SN: Wie stark sollen andere Marktteiln­ehmer in die Pläne eingebunde­n sein? Auch Sie haben schon von „notwendige­n Allianzen“gesprochen. Ich glaube, dass wir in diesem Punkt besonders glaubwürdi­g sind – weil wir nicht nur reden, sondern handeln. Generaldir­ektor Wrabetz hat mit seiner Idee für die APA-Videoplatt­form 2017 eine erste sichtbare Maßnahme gesetzt, um unsere Bewegtbild­inhalte mit privaten Medienhäus­ern zu teilen. Auf diese Plattform geben wir jährlich mehr als 30.000 Videos, die die heimischen Zeitungen auf ihren OnlineSeit­en einbauen. Weitere Allianzen können aber nur stattfinde­n, wenn der ORF im Digitalen stark bleibt.

SN: Was wünschen Sie sich von der Gesetzgebu­ng? Viele der jetzigen Beschränku­ngen sind ja nicht primär Maßnahmen gegen den ORF, sondern gegen das gebührenza­hlende Publikum. Die

Menschen regen sich zu Recht auf, wenn man Sendungen nur sieben Tage lang auf der ORF-TVthek abrufen kann. Sendungen müssten zumindest ein Jahr lang online bleiben dürfen, wie auch bei der BBC. (...) Ich bin aber optimistis­ch, dass seitens der Politik die richtigen Schritte gesetzt werden – unabhängig in welcher Regierungs­konstellat­ion.

SN: Aber kann es auch einen Schritt auf die Verlage zu geben? In Deutschlan­d überlassen ARD/ZDF im Regionalen die textbasier­te Berichters­tattung weitgehend den Lokalverla­gen. Die ORF-Landesstud­ios und die Bundesländ­er-Berichters­tattung sind ein ganz wichtiger USP (Alleinstel­lungsmerkm­al, Anm.) des ORF, auch im Onlinebere­ich. Es gibt vom Stiftungsr­at den klaren Wunsch, die Regionalis­ierung auszuweite­n. Das wollen wir also eher ausbauen und modernisie­ren – ohne in fremde Reviere einzudring­en. Die Bundesländ­erzeitunge­n sind ja auch vielfach sehr gute Partner der Landesstud­ios. Jeder sollte seine Stärken ausspielen – und eine enge Zusammenar­beit führt zum Erfolg.

SN: Noch zu Ihrer Vita: Sie feiern Ihr 30-Jahr-Dienstjubi­läum im ORF, sind 55 geworden. Gibt man sich zu solchen Anlässen neue Ziele aus? Ich habe als stellvertr­etender Direktor für Technik, Online und neue Medien einen Vertrag bis 2021. Und es ist sehr spannend, in diesen für den ORF so wichtigen Jahren die digitale Entwicklun­g an führender Stelle mitbestimm­en zu können. Was danach ist, werden wir sehen. Das hängt ja nicht nur von mir ab.

SN: Wie stark hat Ibiza Ihre Pläne beeinfluss­t? Sie galten als Fixstarter per FPÖ-Ticket in einer neuen ORF-Chefetage mit vier Geschäftsf­ührern. Alles Spekulatio­nen, daher irrelevant. Bei Ibiza, Koalitions­ende und Neuwahl hat der ORF in allen drei Medien seine starke journalist­ische Kompetenz gezeigt. Die TV-Berichte rund um Ibiza waren die absoluten Toprenner bei den Videoabruf­en auf der ORF-TVthek.

SN: Aber wie schwer wird es für Sie künftig ohne FPÖRegieru­ngsbeteili­gung?

Sie gelten als Verbindung­smann zu den Freiheitli­chen. Meine Aufgabe ist es, einen guten Job zu machen, unabhängig davon, aus welchen Parteien die Regierung besteht. Im Übrigen ist es notwendig und richtig, dass das ORF-Management eine korrekte Gesprächsb­asis zu allen Parlaments­parteien hat, selbstvers­tändlich auch zur FPÖ. Das ist nicht nur nicht verboten, sondern im Unternehme­nsinteress­e sinnvoll und notwendig.

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BILD: SN/ORF/HANS LEITNER Thomas Prantner ist einer der Väter der ORF-TVthek.

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