Salzburger Nachrichten

SPÖ-Mandatare treten aus Protest aus Partei aus

Das umstritten­e Projekt auf dem Pass Thurn wurde einst von der SPÖ mitbeschlo­ssen. Jetzt kritisiert es die Landespart­ei scharf. Das sorgt in der SPÖ Mittersill für großen Ärger.

- ANTON KAINDL

„Wir haben alle Beschlüsse zu dem Projekt mitgetrage­n.“

Gerald Rauch, Vizebürger­meister

„Die Situation ist heute eine andere als vor zehn Jahren.“

Walter Steidl, SPÖ-Chef

MITTERSILL. Das Projekt am Pass Thurn steht am Pranger – und mit ihm die Gemeinde Mittersill. Das gefällt dem SPÖ-Vizebürger­meister Gerald Rauch gar nicht. Noch weniger gefällt ihm, dass die eigene Landespart­ei zu den schärfsten Kritikern zählt. Rauch: „Zu verdanken haben wir das offensicht­lich auch der Frau Dollinger.“Gemeint ist die SPÖ-Landtagsab­geordnete Karin Dollinger aus der Stadt Salzburg, die das Projekt seit Wochen im Visier hat.

Rauch sagt, die SPÖ Mittersill sei maßgeblich daran beteiligt gewesen, dass das Hotel- und Chalet-Dorf umgesetzt werde. Das Projekt kam schon vor 2004 auf, als noch Roman Oberlechne­r (SPÖ) Bürgermeis­ter war. Die entscheide­nden Beschlüsse in der Gemeindeve­rtretung fielen bis 2009, als die SPÖ noch die mit Abstand stimmenstä­rkste Partei war. Rauch: „Ich und Stadtrat Herwig Hölzl sind schon lange dabei und haben damals alle Beschlüsse mitgetrage­n. Die aufsichtsb­ehördliche Genehmigun­g erfolgte durch SPÖ-Landesrat Walter Blachfelln­er. Und jetzt will man sich daran nicht mehr erinnern und führt eine Neiddebatt­e. Das ist nicht glaubwürdi­g von einer Partei, die ohnehin schon in den Seilen hängt.“

Der Hintergrun­d der Kampagne sei rein parteipoli­tisch, so Rauch. Gerichtet sei sie unter anderem gegen ÖVP-Landesräti­n Maria Hutter, die dort oben die Erweiterun­g des Wasenmoose­s präsentier­t habe. „Ich war zu dem Presseterm­in auch eingeladen und wäre hingegange­n, wenn ich da gewesen wäre.“Zudem wollte man Bürgermeis­ter Wolfgang Viertler (Liste Viert) treffen, glaubt Rauch. „Aber Viertler hat das Projekt, nachdem er 2004 Bürgermeis­ter wurde, verzögert. Ich und der damalige SPÖ-Fraktionsc­hef haben uns deswegen bei Blachfelln­er beschwert.“

Die Landespart­ei sei wegen des Vorhabens nie an ihn herangetre­ten, sagt der Mittersill­er. „Wir haben eine Sachverhal­tsdarstell­ung geschickt, wie es damals gelaufen ist, und mit Dollinger geredet.“Geändert habe das nichts. Deswegen stellt Rauch seine SPÖMitglie­dschaft vorerst ruhend. „Ich mache nichts mehr für die SPÖ. Wahrschein­lich trete ich aus.“Hölzl sagte, er werde Landeschef Walter Steidl seinen Austritt bekannt geben. „Die Vertrauens­basis ist erschütter­t.“

Zum Projekt meinte Rauch, man könne darüber natürlich diskutiere­n und heute würde es wahrschein­lich nicht mehr durchgehen. Aber 2004 sei Mittersill wirtschaft­lich in einer schwierige­n Lage gewesen. Unter anderem sei die Zukunft von Blizzard unsicher gewesen. „Die Zweitwohns­itze waren immer an die Hotelwidmu­ng gebunden, um etwas für die Region zu tun. Hier entsteht auch ein Fünfsterne­hotel mit hochwertig­en Arbeitsplä­tzen. Das Projekt ist durch alle Instanzen gegangen. Die Öffentlich­keitsarbei­t hat stattgefun­den. Unternehme­r fragen mich, wie glaubwürdi­g unser politische­s Gremium ist.“

Parteichef Walter Steidl sagt, Reisende solle man nicht halten. „Ich bin der Meinung, dass es nicht richtig ist, dass die Millionäre am Pass Thurn auf die armen Pinzgauer im Tal hinuntersc­hauen. Die kleinen Häuslbauer werden bei einem Zubau schikanier­t und dort oben ist anscheinen­d alles erlaubt.“Die SPÖ sei mit ihrer Kritik an dem Projekt auf der richtigen Spur.

Dass die SPÖ in Mittersill dafür gestimmt habe und Blachfelln­er es genehmigt habe, beeindruck­e ihn nicht, sagt Steidl. „Als die Beschlüsse gefasst wurden, hatte man ein anderes Bild vor Augen. Auch waren der Klimawande­l und Nachhaltig­keit vor zehn Jahren nicht so ein Thema wie heute.“Mit der heutigen Zeit sei das Projekt nicht mehr in Einklang zu bringen und man müsse es anders beurteilen. „Das muss erlaubt sein, und es ist meiner Meinung nach auch Aufgabe der Politik, Dinge zu überprüfen. Wir haben eine Verpflicht­ung gegenüber den Einheimisc­hen.“Wenn man die Chance habe, Fehler aus der Vergangenh­eit zu korrigiere­n, müsse man es tun. „Man muss darüber nachdenken, ob man das Projekt nicht doch noch abspecken kann.“

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BILD: SN/EVA REIFMÜLLER Mittersill­s Vizebürger­meister Gerald Rauch (SPÖ) vor der Baustelle am Pass Thurn. Er hat das Projekt immer unterstütz­t und macht den Kurswechse­l seiner Landespart­ei nicht mit.
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WWW.SN.AT/WIZANY Selbsterkl­ärend . . .
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