Neue digitale Ohrmarken sorgen bei Bauern für Ärger
Die Funksignale stören die Stalltechnik: Trinkautomaten verweigern den Kälbern die Milch, weil sie die Tiere nicht mehr erkennen. Betroffen ist davon auch ÖVP-Landesrätin Maria Hutter.
SALZBURG. Der Unmut bei Landwirtschaftskammer-Präsident Rupert Quehenberger ist groß: „Es wäre bis Mitte 2020 Zeit gewesen, die EU-Verordnung zur elektronischen Kennzeichnung von Rindern umzusetzen. Stattdessen hat man in Österreich vorschnell und ohne vorherige Praxiserprobung ein neues System eingeführt, das uns in den Ställen Riesenprobleme macht“, sagt er. Seit Anfang Oktober versendet die Agrarmarkt Austria (AMA) nur mehr Ohrmarkenpaare, von denen eines als elektronische Ohrmarke ausgeführt ist. Alle ab 18. Juli dieses Jahres geborenen oder aus Drittländern importierten Rinder müssen damit gekennzeichnet werden. Ausnahme: Noch vorrätige alte Ohrmarken können noch bis April 2020 verwendet werden.
Vorteil bringt die neue digitale Ohrmarke vorerst weder Landwirten noch Tieren. Denn davon, dass auch Fütterungsautomaten, Melkroboter oder Viehwagen die Daten des Tieres auslesen können, ist man weit entfernt. Ganz im Gegenteil: Quehenberger berichtet von Landwirten, deren vorhandene Stalltechnik von den neuen Ohrmarken gestört wird – offenbar, weil die Signale zum Teil auf derselben Frequenz senden.
„Das bedeutet, dass Melk-, Fütterungsoder Trinkautomaten, die jahrelange problemlos funktioniert haben, Tiere plötzlich nicht mehr erkennen. Das hat zur Folge, dass Kühe nicht gemolken, nicht gefüttert und Kälber nicht mit Milch versorgt werden“, schildert Irmgard Mitterwallner, die Tierzuchtdirektorin der Landwirtschaftskammer. Die AMA habe es verabsäumt, die technischen Details im Vorfeld mit den Herstellern von moderner Stalltechnik abzuklären.
Bei der AMA gemeldet hätten sich österreichweit etwa zehn betroffene Betriebe, sagt AMASprecher Harald Waitschacher. Bei der Vielzahl an Systemen und Versionen von Stalltechnik sei es unmöglich, alles vorab zu testen. Derzeit arbeite man „in allen Richtungen an einer Lösung“. Als Übergangslösung könnten Landwirte nun im Fall einer verlorenen Ohrmarke zumindest bis Ende April eine konventionelle Marke nachbestellen. Für neue Kälber gilt diese Regelung nicht.