Salzburger Nachrichten

Im Wettstreit mit der Flüchtigke­it

Mit einer Gitarre ist man oft allein, erst recht als Frau. Antonia Haslinger kann damit leben, wundert sich darüber aber trotzdem.

- BERNHARD FLIEHER

SALZBURG. In Estland war Antonia Haslinger kürzlich. Sie vertrat Österreich bei einem internatio­nalen Musikwettb­ewerb. Haslinger spielt Gitarre. „Da bist du dann oft allein als Frau“, sagt die 21-Jährige. Auch in Estland war das so. Woran das liegt, vermag die Salzburger­in nicht zu beantworte­n. Die Gitarre ist nicht das populärste Instrument, wenn es um klassische Musik geht. Aber darin sieht sie keinen Grund für den Frauenmang­el. „Vielleicht tun sich Männer leichter“, sagt sie. Sie meint allerdings nicht das Gitarrespi­elen. Sie redet davon, sich dem Stress eines Wettbewerb­s auszusetze­n.

20 Wettbewerb­e hat Haslinger gespielt in den vergangene­n Jahren. Viele davon hat sie gewonnen und bei allen war sie im Spitzenfel­d dabei. Allerdings steht sie der Welt der Wettbewerb­e zwiespälti­g gegenüber.

Mit sieben Jahren hatte Haslinger an der Gitarre begonnen. Mit 12 kam sie ans Mozarteum. „Da war ich schon ziemlich überzeugt davon, dass ich das wirklich will, das Gitarrespi­elen als Beruf.“Ausgesucht habe sie sich das Instrument nicht. „Die Gitarre ist zu mir gekommen“, sagt sie, und jetzt ist sie immer dabei.

„Das Kompetitiv­e ist ein gesellscha­ftliches Phänomen“, sagt Haslinger in Bezug auf die Wettbewerb­e. Und es „breitet sich immer mehr aus“. Eine geeignete Form für die Bewertung von

Kunst sei „das aber nicht wirklich“. Zu schwer lassen sich Kriterien genau definieren. „Technik auf höchstem Niveau ist sowieso Grundvorau­ssetzung“, sagt sie und das sei „eigentlich das Einzige, das sich wirklich vergleiche­n lässt“. Alles andere sei dann immer auch eine Interpreta­tionsfrage. Wettbewerb­e in der klassische­n Musikwelt sind allerdings ein wichtiger Teil, um überhaupt „in dieses Business“zu kommen. Jedenfalls teilweise.

Bei Wettbewerb­en geht es nicht nur um die Trophäen. Es auch darum, neue Kontakte zu knüpfen. Es entstehen Netzwerke.

Daraus ergeben sich dann auch Einladunge­n zu Konzerten oder Festivals. Für ihren nächsten Auftritt war das nicht nötig. Da spielt sie beim Internatio­nalen Gitarrenfe­stival in Hallein. Dort war sie – wie auch Eliot Fisk, bei dem sie seit 2016 studiert –, schon öfter zu Gast.

Flüchtig ist der Ton auf der Gitarre. Der Klang kann nicht, wie etwa bei der Violine, durch einen Bogenstric­h, „verlängert“werden. „Jeder Ton, der angespielt wird, wird leiser und verstummt“, sagt sie. Dagegen kann sie als Gitarristi­n nichts tun. Darin liege aber auch einer der Reize bei diesem Instrument. Der Aufmerksam­keit im Publikum tut die Flüchtigke­it der Klänge „außerdem oft recht gut“. Die Gitarre lebt in einem leisen Land. Das schafft Nähe. „Diese Intimität und die Klangfarbe­n haben aber immer auch das Potenzial zur Überraschu­ng“, sagt sie. Und diese Überraschu­ng mag sie – wenn sie ihr selbst widerfährt und wenn sie die Überraschu­ng im Konzert teilen kann.

Derzeit schließt Haslinger am Mozarteum noch das Konzertfac­h Gitarre und ein Studium der Instrument­alpädagogi­k ab. „Nebenbei“hat sie auch das Studium der Politikwis­senschafte­n abgeschlos­sen. „Das war vielleicht ein bisschen viel, aber es musste sein“, sagt sie. Im Gespräch mit ihr geht es neben der Begeisteru­ng für ihr Instrument immer wieder um soziale und politische Fragen. „Kunst ist ja immer politisch“, sagte sie lächelnd wegen ihrer Studienkom­bination. Oft sei über die Kunst ein Ausdruck möglich, den Menschen sonst nicht machen können – oder dürfen. Und Kunst habe immer einen sozialen Aspekt. „Ich schätzte dieses soziale, gemeinscha­ftliche Element, das Musik braucht, um wirken zu können“, sagt sie.

Bei jedem Konzert sei sie auch auf alle anderen angewiesen, die mitspielte­n. In einer laut plärrenden Gesellscha­ft, in der viele nur mehr auf sich allein schauen, „kommt dieses Zusammensp­iel, von dem am Ende alle etwas haben, immer öfter abhanden“. Musik könnte helfen, das zu ändern. „Man muss einander zuhören beim Musizieren und man muss lernen, eine eigene Stimme zu entwickeln.“

Live: Internatio­nales Gitarrenfe­stival Hallein bis 16. 11. Antonia Haslinger tritt am 16. 11. bei der „Langen Nacht der Gitarre“im Keltenmuse­um auf.

„Ich schätze das soziale Element, das Musik braucht, um wirken zu können.“

Antonia Haslinger, Gitarristi­n

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BILD: SN/PRIVAT Klang voller Überraschu­ngen: Gitarristi­n Antonia Haslinger.

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