Die Politik muss den ORF stärken – und seine Konkurrenten
Die Eigentümerwechsel bei internationalen Medienkonzernen unterstreichen die Notwendigkeit einer nationalen Medienpolitik.
Die von Silvio Berlusconi (83) kontrollierte Mediaset hat ihren Anteil an ProSiebenSat.1 auf 15,1 Prozent erhöht. Der vierfache Ex-Ministerpräsident ist inzwischen Europaabgeordneter. Das von ihm aufgebaute größte private TV-Unternehmen Italiens festigt seine erst heuer errungene Position als größter Einzelaktionär des drittstärksten deutschen Medienkonzerns.
Das ist mehr als nur eine Meldung aus der internationalen Wirtschaft. Zu den Schmuckstücken von ProSiebenSat.1 gehören die Fernsehprogramme rund um Puls 4 und ATV, denen viel an ihrer heimischen Herkunft liegt – an der Wertschöpfung in Österreich. So wie beim Gegenspieler Servus TV. Auch dieses ist „from Austria“, steht aber bei genauer Betrachtung eher in ausländischem Eigentum. Denn Dietrich Mateschitz (75) gehören nur 49 Prozent von Red Bull, dem Eigentümer des Senders. Die Mehrheit des Weltkonzerns ist im Besitz der thailändischen Familie Yoovidhya.
Österreichs nationales Privat-TV-Angebot vermehrt und kostet also durchwegs internationales Vermögen. Bei den Printmedien hingegen ist der Einfluss deutscher Verlage deutlich zurückgegangen. Sämtliche Tageszeitungen sind heute größtenteils in österreichischem Besitz. Dazu hat ausgerechnet der umstrittene indirekte Einstieg von René Benkos Signa bei Funke geführt – dem Mitgesellschafter von „Krone“und „Kurier“aus dem Ruhrgebiet. Darüber hinaus verfügt nur noch das Gratisblatt „Heute“mit der Schweizer Tamedia über einen ausländischen Co-Eigentümer. Auch der größte Magazinverlag VGN ist nach 15 Jahren unter Hamburger Ägide wieder komplett in heimischer Hand.
Diese Gesamtperspektive ist wichtig für eine Medienpolitik, die Österreich vor allem mit dem „zehn Mal so großen, gleichsprachigen Nachbarn und digitalen Weltmarktführern konfrontiert“sieht. So stand es im letzten
Regierungsprogramm vor einem Bekenntnis zur Sicherstellung von austrospezifischen Angeboten. Unter diesem Gesichtspunkt muss schon die Eigentümersituation im Privatfernsehsektor wie eine politische Bestandsgarantie für den ORF wirken. Allein ProSiebenSat.1 ist vier Mal so groß wie der ORF. Österreichs öffentlich-rechtlicher Marktführer bei Fernsehen, Radio und Onlineinformation wiederum macht 2,5 Mal so viel Umsatz wie das größte private Medienhaus.
Die künftige Koalition muss also einerseits den ORF als österreichische Speerspitze gegen digitale Giganten stärken. Zum anderen benötigen die aus Verlagen entstandenen privaten Medienhäuser faire Bedingungen für den multimedialen Wettbewerb mit dem gebührengestützten öffentlich-rechtlichen Riesen. Peter Plaikner ist Politikanalyst und Medienberater mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.