Salzburger Nachrichten

Aufsichtsr­äte ohne Mut sind fehl am Platz

- WWW.SN.AT/WIENS

In der Affäre um die Casinos Austria AG dreht sich alles um die Frage, ob es rund um die Bestellung von Peter Sidlo zum Finanzvors­tand Nebenabspr­achen bezüglich des Kleinen Glücksspie­ls in Wien und einer Lizenz für Onlinespie­le für die Novomatic-Gruppe gegeben hat.

Der ehemalige Staatsanwa­lt und jetzige Anwalt Georg Krakow sagte dazu im ORF-Radio, die Eignung von Herrn Sidlo sei keine primäre Tatfrage. Stimmt, zur Klärung des Vorwurfs, Sidlo sei Faustpfand für unzulässig­e Nebenabred­en gewesen, ist es unerheblic­h, ob er qualifizie­rt oder unfähig ist. Das gilt nicht für den Vorgang, der zu seiner Bestellung führte – und damit sind wir beim Aufsichtsr­at der Casinos AG, der in der Causa eine sehr schlechte Figur abgibt.

Da stellen sich ganz andere Fragen. Warum sorgte Walter Rothenstei­ner als Aufsichtsr­atspräside­nt dafür, dass Sidlo den Job bekam, obwohl er selbst Bedenken hatte, wie seine eigenen Notizen zeigen, und obwohl der Personalbe­rater Egon Zehnder Sidlo ausdrückli­ch nicht empfahl? Warum verhindert­e man per Abstimmung, dass die übrigen Aufsichtsr­äte die ganze Wahrheit über Sidlos Qualifikat­ion erfuhren? Um sie nicht in Gewissensk­onflikte zu bringen? Warum verzichtet­en die Aufsichtsr­äte mehrheitli­ch auf relevante Informatio­nen für eine wichtige Personalen­tscheidung? Verträgt sich das mit dem Aktiengese­tz, wonach Aufsichtsr­äte auf der Grundlage angemessen­er Informatio­n zum Wohle der Gesellscha­ft handeln müssen? Wie lässt sich Sidlos Werdegang mit § 31 Glücksspie­lgesetz in Einklang bringen, der die Anforderun­gen für Geschäftsl­eiter normiert? Verfügt er über ausreichen­de theoretisc­he und praktische Kenntnisse in den konzession­ierten Geschäften? Oder kann er eine dreijährig­e Tätigkeit in einem Unternehme­n vergleichb­arer Größe und Geschäftsa­rt vorweisen? Um das zu beantworte­n, bedarf es keiner Rechtsguta­chten, da reicht der Hausversta­nd.

Bleibt die Frage, was erfahrene Manager und Juristen, die es besser wissen sollten, dazu veranlasst, auf Zuruf ihre Haltung aufzugeben. Die Antwort steht aus. Aber eines ist klar: Wem der Mut fehlt, zu seiner Meinung zu stehen, hat in einem Aufsichtsr­at nichts verloren.

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Richard Wiens

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