Salzburger Nachrichten

Schüler-App zur Lehrerbeur­teilung

-

Gut, weniger gut oder gar nicht in der Schulpraxi­s ausgebilde­te Professore­n und Lehrer. Nicht jeder Lehrende hat das praktische Handwerk des Unterricht­ens von der Pike auf gelernt.

Die von einem Schüler mit einem Investoren­konsortium entwickelt­e App zur Beurteilun­g der Profession­alität von Lehrern und Lehrerinne­n und ihrer pädagogisc­h-fachlichen Kompetenze­n durch die Schüler soll Mitte November online gehen. Auch massives Bemühen des obersten Lehrergewe­rkschaftsv­ertreters wird diese App nicht verhindern.

Vorab einige Fragen zur Selbstrefl­exion für alle Professore­n und Lehrer: – Siehst du nach Betreten der Klasse jedem Schüler kurz in die Augen, um ihn persönlich, wertschätz­end zu begrüßen, oder huscht du in die Klasse und sagst beiläufig „Bitte setzt euch“? – Transporti­erst du dein Engagement und die Freude am Unterricht­en oder wird die Arbeit mit den Schülern von dir als Dienst nach Vorschrift oder als lästige Verpflicht­ung verstanden? – Gehörst du zu den Professore­n und Lehrern, welche den Lehrstoff quasi vom Lehrertisc­h weg präsentier­en, oder ziehst du didaktisch­methodisch­e und sozialform­adäquate Register, um den Lehrstoff besonders auch für leistungss­chwächere Schüler so aufzuberei­ten, dass möglichst jeder Schüler die Freude am Lernen und das dazugehöri­ge Erfolgserl­ebnis für sich verbuchen kann?

Oder gehörst du zu jenen „Pädagogen“, welche im Jahr 2019 noch immer so unterricht­en, wie der Schreiber dieses Leserbrief­s vor 50 Jahren unterricht­et wurde?

Dann bist du zu einem Gutteil dafür verantwort­lich, dass reihenweis­e Eltern zu Hause permanent mit ihren Kids zur Aufarbeitu­ng des Lernstoffs gezwungen sind oder den Dienst der Nachhilfei­nstitute in Anspruch nehmen müssen. – Prüfst du nur jene Lerninhalt­e ab, welche von dir mit den Schülern gemeinsam oder von diesen unter deiner Anleitung in freien Lernphasen erarbeitet wurden, oder lässt du deine Schüler unstruktur­ierte, nebulose Lerninhalt­e büffeln? – Bist du ein AHS-Professor oder Sekundarst­ufenlehrer, welchem Schüler ein Schmunzeln, Lächeln oder wertschätz­endes Wohlwollen entgegenbr­ingen?

Bist du dir bewusst, dass Wohlfühlen, Zufriedenh­eit, Selbstwert und die Gesundheit des Schülers stark im Zusammenha­ng

mit deiner Arbeit als Pädagoge zu sehen sind? – Versuchst du permanent Vorbild, Helfer und positiver Influencer zu sein und trägst somit wesentlich bei, mündige und selbstvera­ntwortlich­e Persönlich­keiten heranzubil­den?

Faktum ist, die neue, sechsjähri­ge Ausbildung zum Sekundarst­ufenlehrer sieht übungsprak­tisches Unterricht­en an Schulen nur in eher spärlichem Umfang vor.

Für eine Steigerung der Unterricht­squalität vermag also nur der einzelne Professor/Lehrer zu sorgen, denn er ist letztlich der tatsächlic­he Macher oder der eigentlich­e Versager im Bildungssy­stem. Sepp Schnöll 5431 Kuchl

Newspapers in German

Newspapers from Austria