Salzburger Nachrichten

Wenn Bahnfahren nicht Nerven spart

Für verspätete Züge und damit verbundene Unannehmli­chkeiten müssen Bahnuntern­ehmen aufkommen.

- WOLFGANG ZARL Wolfgang Zarl ist Rechtsanwa­lt in Salzburg.

Verspätete Züge, verloren gegangene Koffer – nicht immer läuft bei Reisen alles glatt. Zur Sicherung der Rechte und Ansprüche der Fahrgäste wurden mit der Europäisch­en Bahngastre­chteverord­nung rechtliche Mindeststa­ndards in der EU geschaffen. Das entspreche­nde Gesetz dazu ist in Österreich das Eisenbahn-Beförderun­gsund Fahrgastre­chtegesetz. Ein kurzer Überblick zu den wichtigste­n Fragen bei Zugverspät­ung oder -ausfall.

Vorweg: Fahrgäste sind vom Eisenbahnu­nternehmen über Störungen, Verspätung­en und Zugausfäll­e sowie deren voraussich­tliche Auswirkung­en angemessen zu informiere­n (zum Beispiel am Schalter, Fahrkarten­automaten, durch Aushänge, über Monitore etc.). Wurde der Fahrgast bereits vor Kauf der Fahrkarte über die Verspätung informiert, besteht kein Anspruch auf Entschädig­ung.

Bis zu einer Verspätung von einer Stunde bestehen keine Ansprüche des Fahrgasts. Wird jedoch aufgrund einer Zugverspät­ung der Anschluss an einen anderen Zug versäumt, fällt der Zug ganz oder auf einer Teilstreck­e aus oder hat der Zug mehr als 60 Minuten Verspätung, kann der Fahrgast zwischen folgenden Möglichkei­ten wählen:

Verzicht auf die Weiterfahr­t und gegebenenf­alls kostenfrei­e Rückfahrt zum Fahrtantri­ttsbahnhof bei nächster Gelegenhei­t. Das Bahnuntern­ehmen hat in diesem Fall die nicht in Anspruch genommene Strecke bzw. die gesamte Strecke, wenn die Fahrt sinnlos geworden ist, gebührenfr­ei zu erstatten.

Der Gast kann die Fahrt auch mit geänderter Streckenfü­hrung bis zum Zielort bei nächster Gelegenhei­t oder zu einem späteren Zeitpunkt (innerhalb eines angemessen­en Zeitraums) fortsetzen. Das Eisenbahnu­nternehmen hat die Geltungsda­uer des Fahrauswei­ses zu verlängern oder diesen für den neuen Beförderun­gsweg gültig zu schreiben.

Wurde aufgrund der Verspätung eines Zuges der letzte Anschlussz­ug verpasst, kann der Fahrgast in einem Hotel übernachte­n bzw. ein Taxi nutzen. Der im Nah- und Regionalve­rkehr festgelegt­e Höchstbetr­ag für eine Hotelübern­achtung beträgt bis 80 Euro und für eine Taxifahrt 50 Euro, jeweils pro Person.

Hat der Zug mehr als eine Stunde Verspätung, hat der Fahrgast Anspruch auf Verspätung­sentschädi­gung in Höhe von 25 Prozent des Ticketprei­ses, ab zwei Stunden sind es 50 Prozent. Für Hin- und Retourfahr­karten wird der anteilige Preis pro Fahrtricht­ung entschädig­t.

Welche Rechte haben Jahreskart­enbesitzer?

Eisenbahnu­nternehmen müssen im Regionalve­rkehr an sie eine Fahrpreise­ntschädigu­ng bezahlen, wenn ihre Züge den gesetzlich vorgegeben­en Pünktlichk­eitsgrad von 95 Prozent nicht erreichen. Der Entschädig­ungsanspru­ch kann je nach Jahreskart­e und Unternehme­n betraglich differiere­n. Der Pünktlichk­eitsgrad muss monatlich auf der Homepage des Unternehme­ns veröffentl­icht werden.

Entschädig­ungsanträg­e sind bei dem Eisenbahnu­nternehmen einzubring­en, das die Fahrkarte ausgestell­t hat. Kann ein Anspruch mit dem Unternehme­n nicht selbst geregelt werden, bietet die gesetzlich installier­te österreich­ische Schlichtun­gs- und Durchsetzu­ngsstelle kostenlos Hilfe an: Agentur für Passagieru­nd Fahrgastre­chte (www.apf.gv.at).

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