Immer Ärger mit zwei Behörden
Die eine soll vor Terror schützen, die andere Korruption verfolgen. So mancher Wirbel bei BVT und WKStA ist aber hausgemacht.
Datenlecks und Intrigen gibt es bei beiden
Zwei der wichtigsten Ermittlungsbehörden der Republik sorgen seit geraumer Zeit für erhebliche Aufregung. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) – zuständig: das Innenministerium. Und die Wirtschaftsund Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) – zuständig: das Justizministerium. Beide kommen sich mitunter in die Quere. Und beide verbindet dreierlei: Ihre Macht; die Lecks, über die geheime Informationen nach außen gespielt werden, und die Neigung, ein Eigenleben zu entwickeln.
Was das BVT anbelangt, ist die Schmerzgrenze bei Innenminister Wolfgang Peschorn jetzt erreicht. Er beauftragte am Freitag den Salzburger Landespolizeidirektor Franz Ruf mit der Gesamtprüfung des Staatsschutzes, aus dem immer wieder geheime Informationen an die Öffentlichkeit gelangen, zuletzt die vom „Berner Club“, einer Verbindung aller wichtigen Nachrichtendienste Europas, festgestellten massiven Sicherheitslücken im BVT.
Seit zwei Jahren kommt der heimische Staatsschutz, der im Geheimen arbeiten sollte, nicht aus den Negativschlagzeilen. Das hat nicht zuletzt bei befreundeten ausländischen Geheimdiensten zu großem Misstrauen geführt. Der Wirbel um das BVT begann im Februar 2018 mit einer Razzia im StaatsschutzHauptquartier.
Federführend bei der Aktion war das Umfeld des damaligen Innenministers Herbert Kickl (FPÖ), der ÖVP-nahe Netzwerke ausheben wollte. Die Razzia, bei der streng geheime Daten beschlagnahmt wurden, basierte auf einem Konvolut, in dem Korruptionsfälle im BVT beschrieben wurden. Es dürfte direkt aus dem BVT gekommen sein. Der
Machtkampf um die mächtigste Polizeibehörde eskalierte.
Von den Vorwürfen gegen die BVT-Beamten blieb nicht viel übrig. Das stellte auch ein parlamentarischer U-Ausschuss fest. Die Untersuchung förderte aber viele Missstände zutage: Mobbing, Intrigen, Fehlbesetzungen, politische Netzwerke. Zuletzt schlug nun der Prüfbericht des „Berner Clubs“über die Sicherheitslücken hohe Wellen. Weil die Veröffentlichung des Berichts selbst eine große Sicherheitslücke darstellt, soll nun der „Maulwurf“gefunden werden. Insider berichten, das jüngste Datenleck habe zum Ziel gehabt, den ohnehin geschwächten BVT-Chef Peter Gridling endgültig zu stürzen.
Ohne BVT-Reform wird es nicht mehr gehen. Bereits seit der Gründung 2002 hat die Behörde strukturelle Probleme. Als Polizeibehörde ist sie an strenge Ermittlungsregeln gebunden, obwohl sie Geheimdienstarbeit machen sollte.
Zur Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, zentrale Behörde im Kampf gegen die Korruption, zugleich weisungsgebunden und ausführlichen Berichtspflichten unterworfen: Sie scheint omnipräsent zu sein, wenn es um Fälle geht, die für politische Eklats sorgten oder sorgen – von den Unregelmäßigkeiten bei der Hofburg-Stichwahl bis zu Endloscausa Eurofighter, vom Salzburger Finanzskandal bis zur Ibiza-Affäre, von der BVTRazzia bis zur Casinos-Affäre.
Zum Teil macht die WKStA aber auch Politik. Siehe die Razzia im BVT, die später als rechtswidrig erkannt wurde. Siehe die Ibiza- und neuerdings auch die Casinos-Affäre, bei denen vertrauliche Informationen bestimmten Medien zugespielt wurden, siehe das Eurofighter-Verfahren, bei dem die WKStA mit schwerem Geschütz gegen den damaligen Generalsekretär des Justizministeriums, Sektionschef Christian Pilnacek, auffuhr: Sie zeigte ihn wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch an. Dieser Verdacht löste sich zwar rasch in Luft auf und Pilnacek gilt als völlig rehabilitiert. Geblieben ist aber das unangenehme Gefühl, dass maßgebliche Justizstellen – offenbar auch aufgrund persönlicher Animositäten – nicht miteinander können.
Justizminister Clemens Jabloner geht in seinem am Freitag vorgestellten Bericht an prominenter Stelle auf die Spannungen ein. Verbesserungen in der Weisungskette wurden ausgearbeitet, eine Mediation zwischen den Streitparteien abgehalten. Künftig will die Justiz Anzeigen nur noch dann öffentlich bestätigen, wenn wirklich Ermittlungen aufgenommen werden. So will man (die häufig anonym) angezeigten Personen schützen und verhindern, dass Anzeigen als Mittel der Politik missbraucht werden.
Die WKStA wurde vor bald elf Jahren gegründet, um die großen, immer komplexer und internationaler werden den Wirtschafts- und Korruptionsdelikte besser bekämpfen zu können. Seither wurden ihre Kompetenzen laufend erweitert, in Vollbetrieb ging sie im September 2012. Der Schein, dass die hochspezialisierte Ermittlungsbehörde vor allem in politisch brisanten Fällen aktiv ist, trügt. Zuständig ist sie in erster Linie für schwere Wirtschaftsdelikte, von Bilanzfälschung bis zur organisierten Schwarzarbeit, vom Insiderhandel bis zur Geldwäsche. 62 Prozent der anhängigen Fälle sind reine Wirtschaftsstrafverfahren, rund 17 Prozent reine Korruptionsverfahren. Beim Rest geht es um beides. Mehr als ein Viertel aller Fälle sind Großverfahren – derzeit 78 von knapp 300.