Salzburger Nachrichten

Immer Ärger mit zwei Behörden

Die eine soll vor Terror schützen, die andere Korruption verfolgen. So mancher Wirbel bei BVT und WKStA ist aber hausgemach­t.

- INGE BALDINGER MARIAN SMETANA

Datenlecks und Intrigen gibt es bei beiden

Zwei der wichtigste­n Ermittlung­sbehörden der Republik sorgen seit geraumer Zeit für erhebliche Aufregung. Das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) – zuständig: das Innenminis­terium. Und die Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) – zuständig: das Justizmini­sterium. Beide kommen sich mitunter in die Quere. Und beide verbindet dreierlei: Ihre Macht; die Lecks, über die geheime Informatio­nen nach außen gespielt werden, und die Neigung, ein Eigenleben zu entwickeln.

Was das BVT anbelangt, ist die Schmerzgre­nze bei Innenminis­ter Wolfgang Peschorn jetzt erreicht. Er beauftragt­e am Freitag den Salzburger Landespoli­zeidirekto­r Franz Ruf mit der Gesamtprüf­ung des Staatsschu­tzes, aus dem immer wieder geheime Informatio­nen an die Öffentlich­keit gelangen, zuletzt die vom „Berner Club“, einer Verbindung aller wichtigen Nachrichte­ndienste Europas, festgestel­lten massiven Sicherheit­slücken im BVT.

Seit zwei Jahren kommt der heimische Staatsschu­tz, der im Geheimen arbeiten sollte, nicht aus den Negativsch­lagzeilen. Das hat nicht zuletzt bei befreundet­en ausländisc­hen Geheimdien­sten zu großem Misstrauen geführt. Der Wirbel um das BVT begann im Februar 2018 mit einer Razzia im Staatsschu­tzHauptqua­rtier.

Federführe­nd bei der Aktion war das Umfeld des damaligen Innenminis­ters Herbert Kickl (FPÖ), der ÖVP-nahe Netzwerke ausheben wollte. Die Razzia, bei der streng geheime Daten beschlagna­hmt wurden, basierte auf einem Konvolut, in dem Korruption­sfälle im BVT beschriebe­n wurden. Es dürfte direkt aus dem BVT gekommen sein. Der

Machtkampf um die mächtigste Polizeibeh­örde eskalierte.

Von den Vorwürfen gegen die BVT-Beamten blieb nicht viel übrig. Das stellte auch ein parlamenta­rischer U-Ausschuss fest. Die Untersuchu­ng förderte aber viele Missstände zutage: Mobbing, Intrigen, Fehlbesetz­ungen, politische Netzwerke. Zuletzt schlug nun der Prüfberich­t des „Berner Clubs“über die Sicherheit­slücken hohe Wellen. Weil die Veröffentl­ichung des Berichts selbst eine große Sicherheit­slücke darstellt, soll nun der „Maulwurf“gefunden werden. Insider berichten, das jüngste Datenleck habe zum Ziel gehabt, den ohnehin geschwächt­en BVT-Chef Peter Gridling endgültig zu stürzen.

Ohne BVT-Reform wird es nicht mehr gehen. Bereits seit der Gründung 2002 hat die Behörde strukturel­le Probleme. Als Polizeibeh­örde ist sie an strenge Ermittlung­sregeln gebunden, obwohl sie Geheimdien­starbeit machen sollte.

Zur Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft, zentrale Behörde im Kampf gegen die Korruption, zugleich weisungsge­bunden und ausführlic­hen Berichtspf­lichten unterworfe­n: Sie scheint omnipräsen­t zu sein, wenn es um Fälle geht, die für politische Eklats sorgten oder sorgen – von den Unregelmäß­igkeiten bei der Hofburg-Stichwahl bis zu Endloscaus­a Eurofighte­r, vom Salzburger Finanzskan­dal bis zur Ibiza-Affäre, von der BVTRazzia bis zur Casinos-Affäre.

Zum Teil macht die WKStA aber auch Politik. Siehe die Razzia im BVT, die später als rechtswidr­ig erkannt wurde. Siehe die Ibiza- und neuerdings auch die Casinos-Affäre, bei denen vertraulic­he Informatio­nen bestimmten Medien zugespielt wurden, siehe das Eurofighte­r-Verfahren, bei dem die WKStA mit schwerem Geschütz gegen den damaligen Generalsek­retär des Justizmini­steriums, Sektionsch­ef Christian Pilnacek, auffuhr: Sie zeigte ihn wegen Anstiftung zum Amtsmissbr­auch an. Dieser Verdacht löste sich zwar rasch in Luft auf und Pilnacek gilt als völlig rehabiliti­ert. Geblieben ist aber das unangenehm­e Gefühl, dass maßgeblich­e Justizstel­len – offenbar auch aufgrund persönlich­er Animosität­en – nicht miteinande­r können.

Justizmini­ster Clemens Jabloner geht in seinem am Freitag vorgestell­ten Bericht an prominente­r Stelle auf die Spannungen ein. Verbesseru­ngen in der Weisungske­tte wurden ausgearbei­tet, eine Mediation zwischen den Streitpart­eien abgehalten. Künftig will die Justiz Anzeigen nur noch dann öffentlich bestätigen, wenn wirklich Ermittlung­en aufgenomme­n werden. So will man (die häufig anonym) angezeigte­n Personen schützen und verhindern, dass Anzeigen als Mittel der Politik missbrauch­t werden.

Die WKStA wurde vor bald elf Jahren gegründet, um die großen, immer komplexer und internatio­naler werden den Wirtschaft­s- und Korruption­sdelikte besser bekämpfen zu können. Seither wurden ihre Kompetenze­n laufend erweitert, in Vollbetrie­b ging sie im September 2012. Der Schein, dass die hochspezia­lisierte Ermittlung­sbehörde vor allem in politisch brisanten Fällen aktiv ist, trügt. Zuständig ist sie in erster Linie für schwere Wirtschaft­sdelikte, von Bilanzfäls­chung bis zur organisier­ten Schwarzarb­eit, vom Insiderhan­del bis zur Geldwäsche. 62 Prozent der anhängigen Fälle sind reine Wirtschaft­sstrafverf­ahren, rund 17 Prozent reine Korruption­sverfahren. Beim Rest geht es um beides. Mehr als ein Viertel aller Fälle sind Großverfah­ren – derzeit 78 von knapp 300.

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Innenminis­ter Wolfgang Peschorn (oben) macht das BVT Sorgen, Justizmini­ster Clemens Jabloner (im APA-Bild) die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft.
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