Lage spitzt sich zu: Markusplatz wurde gesperrt
Venedig steht weiter meterhoch unter Wasser. Der Bürgermeister rief die Menschen auf, in den Häusern zu bleiben. Neue Unwetter kommen.
VENEDIG. Man habe sich zur Sperre des kompletten Markusplatzes entschlossen, um „die Sicherheit der Menschen nicht aufs Spiel zu setzen“, sagte Venedigs Bürgermeister Luigi Brugnaro am Freitag. „Ein weiterer Tag des Alarms.“Der Markusplatz ist der tiefste Punkt der Lagunenstadt und daher vom Hochwasser am stärksten betroffen. Brugnaro rief die Bewohner auf, zu Hause zu bleiben und sich über den Wasserstand zu erkundigen.
„20 Zentimeter mehr Hochwasser haben den Unterschied gemacht und Venedig zerstört. Ich hoffe, dass uns der heilige Markus (Schutzpatron Venedigs, Anm.) schützt. Wir haben öfters schon Hochwasser erlebt, doch diesmal ist es anders“, betonte Brugnaro. Schulen waren genauso wie die Universität, das Museum Palazzo Ducale und das Opernhaus La Fenice wegen der Wetterprognosen geschlossen. Der öffentliche Wasserverkehr auf dem Canal Grande ist eingestellt. Rund 70 Prozent der historischen Stadt sind überschwemmt.
Brugnaro sprach von Schäden in der Größenordnung von einer Milliarde Euro. „Die Menschen haben alles verloren.“Das eindringende Salzwasser mache alles noch viel schwieriger. Denn Meerwasser beschädigt Denkmäler, Marmor und Kunstschätze wesentlich mehr. „Es ist eine Herausforderung für das ganze Land. Die Venezianer beweinen sich nicht selbst, sie arbeiten. Wir sind stolz darauf, die jungen Menschen hier zu halten und ihnen eine Zukunft zu geben“, erklärte Brugnaro. Die Sorge vor weiteren Überschwemmungen ist groß. Dennoch stiefelten Touristen unbeirrt auf dem Markusplatz durch das kniehohe Wasser.
Bei einer Ministerratsitzung in Rom wurde am Donnerstagabend der Notstand über Venedig verhängt. Damit werden Geldmittel für die Schadensbehebung nach dem
Hochwasser freigesetzt. Ministerpräsident Giuseppe Conte kündigte an, dass die Regierung 20 Millionen Euro zur Behebung der Schäden locker machen werde.
Seit Jahren wird um das Hochwasserschutzsystem „Mose“gestritten, das es eigentlich schon seit Jahren für die Stadt an der Adria geben sollte. Bürokratie, Korruption und Skandale verzögern den Bau allerdings. Die ausfahrbaren Barrieren sollen nun 2021 fertig sein. Durch die Erderwärmung steigt der Meeresspiegel, wodurch auch die Hochwasser in Venedig zunehmen.
In Italien begannen unterdessen Spendensammlungen zur Finanzierung der Behebung der Schäden. Die Zeitung „La Repubblica“zog folgenden Vergleich: „Wir haben alle um Notre-Dame geweint, und die Großzügigkeit war groß. Eine Großzügigkeit, die sich auch nach dieser neuen Tragödie wiederholen sollte. Venedig ist ein Traum, der nicht verloren gehen darf.“
Nicht nur Venedig leidet unter dem Unwetter. Am kommenden Wochenende ist ganz Italien mit einer starken Schlechtwetterfront mit starken Stürmen und Niederschlägen konfrontiert, warnten Wetterexperten.