Salzburger Nachrichten

Einmal ein bisschen Stasi spielen

Häufig praktizier­t, vielfach unterschät­zt: Warum beim Aufnehmen von Gesprächsp­artnern Vorsicht geboten ist.

- STEPHAN KLIEMSTEIN

Mit dem Smartphone lassen sich heute vertraulic­he Gespräche leichter denn je aufzeichne­n – für das Gegenüber oft völlig unbemerkt, denn das mobile Telefon ist inzwischen ständiger Begleiter. Ob bei Meetings, Geschäftse­ssen oder Videokonfe­renzen mittels MessengerD­iensten wie Skype. Immer häufiger wird das Handy als „Wanze“eingesetzt. Eine gewisse Skepsis ist daher angebracht, wenn der Gesprächsp­artner zu Beginn der Unterhaltu­ng sein Mobiltelef­on auf den Tisch legt. Viele erhoffen sich dadurch ein Ass im Ärmel, wenn die Verhandlun­gen nicht so laufen wie gewünscht.

Längst ist es keine Seltenheit mehr, dass Mandanten heimlich angefertig­te Ton- oder Videoaufze­ichnungen im Zuge der Sachverhal­tsaufnahme präsentier­en: eine nicht öffentlich­e Beratung im Ausschuss, ein pikantes Telefonat zwischen dem Geschäftsf­ührer und dem Betriebsra­tsvorsitze­nden oder eine Wohnungsrü­ckgabe, die in einen handfesten Streit eskaliert.

Viele sind sich der möglichen Konsequenz­en dabei nicht bewusst. Wer ungefragt die Unterhaltu­ng anderer aufzeichne­t, macht sich strafbar. Ein solcher Missbrauch von Tonaufnahm­e- oder Abhörgerät­en, zuletzt im Zuge der Ibiza-Affäre diskutiert, ist strafrecht­lich verboten. Mit gewissen Ausnahmen: Im Rahmen des rechtferti­genden Notstands dürfen heimliche Mitschnitt­e verwendet werden, wenn sie zur Verteidigu­ng und Entlastung des Beschuldig­ten dienen. Selbst rechtswidr­ig angefertig­te Tonbandauf­nahmen sind in solchen Fällen von den Strafgeric­hten zu würdigen. Eine Verwertung außerhalb des Gerichtspr­ozesses oder eine Veröffentl­ichung im Internet ist dagegen in den meisten Fällen unzulässig und kann strafrecht­liche Folgen sowie teure Zivilproze­sse nach sich ziehen.

Auch das Protokolli­eren eigener Gespräche kann – zumindest zivilrecht­lich – problemati­sch sein, wenn der andere Gesprächsp­artner vom Mitlaufen des Tonbandger­äts keine Kenntnis hatte. Eine solche Vorgehensw­eise verletzt in der Regel allgemeine Persönlich­keitsrecht­e. Der Abgehörte

kann mit Unterlassu­ngs- und Schadeners­atzansprüc­hen gegen die unzulässig­e Aufnahme vorgehen und auch deren Löschung verlangen.

Schon vor Jahren hat der Oberste Gerichtsho­f (OGH) darauf hingewiese­n, dass die Tonbandauf­nahme einer geschäftli­chen Besprechun­g unter vier Augen ohne Zustimmung des Gesprächsp­artners grundsätzl­ich rechtswidr­ig ist, weil das Gegenüber dadurch in seinem Recht am eigenen Wort verletzt wird. In gewissen Fällen drohen auch arbeitsrec­htliche Konsequenz­en: Wer nämlich seinen Arbeitgebe­r heimlich im Gespräch aufnimmt, macht sich unter Umständen vertrauens­unwürdig, was eine Entlassung zur Folge haben kann. Wie aber ist die Rechtslage, wenn man keine andere Möglichkei­t hat, als solche Mitschnitt­e in einem Gerichtsve­rfahren zu verwenden, um beweisen zu können, dass der Prozessgeg­ner oder ein Zeuge lügt? Auch dazu hat der OGH bereits Stellung bezogen: Bei der Prüfung, ob eine Verwertung als Beweis zulässig ist, hat nach Ansicht des Höchstgeri­chts eine Interessen­abwägung stattzufin­den. Dabei sind das Recht am eigenen Wort und das Verwertung­sinteresse beziehungs­weise der Anspruch, der mit den Aufnahmen verfolgt wird, gegenüberz­ustellen. Nur wenn ein Beweisnots­tand vorliegt, ist eine Verwertung im Prozess zulässig. Gespräche anderer zu belauschen und aufzunehme­n ist in den meisten Fällen verboten und mit Strafe bedroht. Die Anfertigun­g solcher Aufnahmen sollte daher nur in Erwägung gezogen werden, wenn dies zur Verteidigu­ng in einem Strafverfa­hren unbedingt nötig ist. Heimliche Aufnahmen eines eigenen Gesprächs sind zumindest aus strafrecht­licher Sicht unbedenkli­ch, sie können aber zivilrecht­liche Folgen haben und sollten daher als letztes Mittel zum Einsatz gelangen. Zuvor sind alle anderen Beweisange­bote auszuschöp­fen: Gibt es Zeugen, die den Gesprächsi­nhalt bestätigen können? Kann ein Gedächtnis­protokoll vorgelegt werden? Lässt sich das Gesprochen­e transkribi­eren?

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BILD: SN/STOCKADOBE-R+R Stephan Kliemstein ist Rechtsanwa­lt in Salzburg (König & Kliemstein OG).

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