Mit scharfem Blick und sprühendem Witz
Als Architekt und Zeichner war er für Österreich prägend: Nun ist Gustav Peichl 91-jährig gestorben.
Auf die Frage, warum Karikaturisten nicht in Pension gehen, gab Gustav Peichl vor elf Jahren in einem SN-Interview eine einfache Antwort: „Aufhören kann man ja nicht.“Damals hatte das Karikaturenmuseum in Krems dem Architekten und Zeichner eine große Ausstellung zum 80. Geburtstag gewidmet. Sie war eine Zwischenstation: Als „Ironimus“blieb der Doyen der österreichischen Karikaturisten weiter aktiv. Erst im Sommer 2019 erschien sein letztes Buch.
Am Sonntag ist Gustav Peichl 91-jährig in Wien gestorben. Mit ihm hätten Architektur und Karikatur eine prägende österreichische Persönlichkeit verloren, sagte Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Montag und würdigte Gustav Peichl als „wachsame Stimme, die Modernität und Tradition gleichzeitig verbunden hat“.
Als Architekt zeichnete der am 18. März 1928 in Wien geborene Peichl für das prägnante Aussehen von sieben ORF-Landesstudios ebenso verantwortlich wie für den Bau der Bundeskunsthalle in Bonn, die Erweiterung des Städelmuseums
in Frankfurt und das Kremser Karikaturenmuseum. „Der Hauptberuf war immer Architekt“, sagte Peichl 2008 über die Anfänge seiner Doppelkarriere. „Und nebenbei hab ich mir halt Geld verdient mit der Karikatur.“
Aus diesem „Nebenbei“freilich wuchsen mehr als 12.000 Karikaturen sowie 3000 Cartoons, die er im Lauf von sieben Jahrzehnten mit feinem Strich und scharfem Blick gezeichnet hat.
In beiden Sphären habe es Gustav Peichl zu einer schwer zu übertreffenden Meisterschaft gebracht, sagt SN-Karikaturist Thomas Wizany: „Sowohl als Karikaturist als auch als Architekt war er einer der besten in Österreich.“Wizany, der ebenfalls in beiden Metiers zuhause ist, hat bei Peichl an der Akademie der bildenden Künste studiert. Ein besonderes Verhältnis zwischen Lehrmeister und Student habe sich wohl auch deshalb entwickelt, weil es Peichl Spaß gemacht habe, „dass er einen Studenten in seinen Reihen hatte, der in seine Fußstapfen tritt“. Karikaturen seien „in der Architekturausbildung natürlich nicht unmittelbar Thema“gewesen. Doch „er wusste, dass ich damals schon für die SN gezeichnet habe. Er war ja ein großer Zeitungsleser.“
In der Architektur wie beim Zeichnen sei für Gustav Peichl die Sinnlichkeit wichtig gewesen, sagt Thomas Wizany. „Ein Gebäude darf nicht nur funktionell sein, sondern auch sinnlich. Er selbst war ein Genießer, Karikaturen zu zeichnen bedeutete für ihn ein sinnliches Vergnügen.“Nicht nur als Karikaturist, sondern auch als Architekt sei er andererseits stets auch ein „sehr politischer Mensch“gewesen.
Gustav Peichl hatte das Streben nach Einfachheit als Verbindung zwischen Architektur und Karikatur bezeichnet: Ein Architekt, der einen guten Grundriss mache, suche nach Vereinfachung und Klarheit. „Auch eine Karikatur muss einfach sein, um sichtbar zu machen, was der Zeichner sagen will.“
In der „Presse“, der „Süddeutschen Zeitung“und anderen Publikationen erschienen seine Karikaturen, mit denen er sieben Jahrzehnte das politische Geschehen kommentierte. Legendär wurde etwa sein karikaturistisches Faible für Bruno Kreisky.
So streng die Striche seiner zumeist strikt schwarz-weiß gehaltenen Karikaturen waren, so sprühend war sein ironischer Witz. In seinen Zeichnungen habe er hintergründige Ironie auf höchstem Niveau praktiziert, sagt Thomas Wizany. „Es gibt keine dummen Peichl-Karikaturen.“