Mure tötete in Kärnten Hausbesitzer Tauernbahn bleibt diese Woche gesperrt
Die extremen Niederschlagsmengen führen vor allem im Bahnverkehr noch zu länger andauernden Problemen. Die größte Gefahr geht von aufgeweichten Hängen und Lawinen aus. Insgesamt sollte das Ärgste aber überstanden sein.
Wegen der heftigen Niederschläge gab es am Montag in Kärnten auch ein Todesopfer zu beklagen. Ein 79 Jahre alter Mann aus Bad Kleinkirchheim wurde von einer Mure erfasst, die sein Wohnhaus teilweise wegriss. Der Hausbesitzer hatte sich im Freien aufgehalten, als es zu dem Unglück kam. Die Einsatzkräfte konnten ihn nur noch tot bergen.
Der 79-Jährige hatte nach Angaben der Polizei am Vormittag nach seiner Quelle sehen wollen. Diese befindet sich etwa zehn Meter hinter dem Haus auf dem Hang. Als er dort ankam, löste sich die Mure und riss den Mann mit sich. „Die hintere Seite des Hauses ist total eingedrückt, es steht nur noch die Vorderfront“, sagte Bürgermeister Matthias Krenn. Er selbst habe sich zum Zeitpunkt des Murenabgangs etwa eineinhalb Kilometer entfernt befunden und einen lauten Knall gehört. Nach dem Unglück im Ortsteil Kleinkirchheim in unmittelbarer Nähe des Römerbads wurden die umliegenden Häuser evakuiert.
Die heftigen Regen- und Schneefälle führen weiterhin zu größeren Behinderungen vor allem auf Bahnstrecken. Hauptbetroffen ist die Tauernbahn von Schwarzach durch das Gasteinertal bis nach Kärnten. Hier ist der Fernverkehr eingestellt. Am Abend wurde der Nahverkehr von Schwarzach bis Dorfgastein wieder freigegeben. Die Tauernschleuse mit dem Autoreisezug zwischen Böckstein und Mallnitz bleibt laut ÖBB zumindest bis Mittwochmittag gesperrt – beim Südportal in Mallnitz sei die Lawinengefahr zu groß, sagte ÖBB-Sprecherin Rosanna Zernatto-Peschel.
Über die Tauernstrecke fahren derzeit keine Fernzüge. Dafür wurde zwischen Bischofshofen und Spittal an der Drau ein Schienenersatzverkehr mit Bussen über die Tauernautobahn eingerichtet. Das soll vorerst bis Samstag, 23. November, um sechs Uhr früh so bleiben.
Ebenfalls gesperrt ist die Bahnverbindung zwischen Ost- und Südtirol: Von Lienz bis Innichen (San Candido) im Pustertal entstanden Schäden an Masten und Oberleitungen,
teilweise verlegten Lawinen und Muren auch die Strecke. Die Verbindung nach Südtirol bleibt voraussichtlich bis Ende November gesperrt. Zwischen Lienz und Sillian fahren ersatzweise Busse.
Die Niederschläge führten in weiten Teilen Kärntens zu Problemen. Das zeigt sich schon daran, dass die freiwilligen Feuerwehren seit Sonntag bis Montag in der Früh zu 1022 Einsätzen gerufen wurden.
In Kärnten waren am Montagvormittag rund 1400 Haushalte ohne Strom. Betroffen waren das Mölltal, das Lesach- und Liesertal, Arriach, das Görtschitztal sowie Zell-Pfarre und Leppen bei Bad Eisenkappel. Muren und umstürzende Bäume hatten die Stromleitungen beschädigt. 130 Monteure waren im Einsatz, sie konnten vielfach wegen der Straßensperren nicht gleich zu den Einsatzorten gelangen.
Im Bezirk Spittal wie auch in einzelnen weiteren Gemeinden blieben am Montag die Schulen geschlossen. Vielfach bleibt aber die Lawinengefahr hoch, im Mölltal wurde sogar die höchste Warnstufe ausgerufen. Der Spittaler Bezirkshauptmann Klaus Brandner sagte, der Regen, der in der Nacht auf Dienstag noch fallen solle, bereite ihm Sorgen. „Derzeit ist alles so gesättigt, ein Liter ist schon zu viel.“
In Osttirol entspannte sich die Lage am Montag zusehends. Allerdings waren am Nachmittag noch rund 1400 Haushalte ohne Strom, wie der Netzbetreiber Tinet berichtete. Die Wetterbesserung wurde genutzt, um mit Hubschrauberflügen Störstellen zu lokalisieren und beseitigen. Indes wird am Dienstag wieder ein Teil der Schulen im Bezirk Lienz den Betrieb aufnehmen.
Insgesamt sollte das Schlimmste aber überstanden sein. Zumindest in Salzburg. Die starken Regen- und Schneefälle, die in Osttirol, Oberkärnten und Salzburg zu schweren Schäden durch Muren und Hochwasser
geführt haben, klingen ab. „Salzburg hat es definitiv überstanden, in Oberkärnten und Osttirol wird es aber auch am Dienstag noch kräftig regnen und schneien“, sagte ZAMG-Meteorologe Josef Haslhofer. Was in den vergangenen Tagen passiert sei, sei aber auf jeden Fall außergewöhnlich. „Auf der nördlichen Erdhalbkugel wird es kälter und winterlicher. Die kalte Luft drückt über den Atlantik Richtung Süden. Als Ausgleich wird warme Luft aus Afrika über das Mittelmeer transportiert“, so erklärte Haslhofer die Großwetterlage. Diese warme Luft, die über das Mittelmeer streicht, nimmt dann enorm viel Feuchtigkeit auf. An den Alpen regnet es ab. „Durch den starken Wind ist sie dann auch noch in die südlichen Teile Salzburgs gedrückt worden“, erklärte Haslhofer.
Es war und ist jedenfalls ein außergewöhnliches Wetterphänomen für den Herbst. Normalerweise kommt es zu solchen Wetterlagen eher im Frühjahr, wenn die Schneeschmelze einsetzt. Außergewöhnlich
sei, dass mehrere derart feuchte Fronten hintereinander zu den Alpen zögen und dass der ganze Niederschlag dann eigentlich auf einmal abgeflossen sei. „Zuerst hat es geschneit, dann hat es in den Schnee geregnet, da ist noch relativ wenig Wasser abgeronnen“, sagte Haslhofer. Am Wochenende seien die Temperaturen dann gestiegen und dann sei der schon schwere Schnee teilweise geschmolzen und alles auf einmal abgeflossen, erklärte Haslhofer. Und das bei Regenmengen, die extrem groß waren. „In Osttirol und Oberkärnten hat es zwischen 200 und 300 Liter pro Quadratmeter Niederschlag gegeben“, so der Meteorologe. Im Süden Salzburgs seien es immer noch 90 Liter gewesen. ZAMG-Klimatologe Alexander Orlik: „Statistisch kommen derartige Dreitagesmengen zum Beispiel in Kötschach-Mauthen und Spittal alle zehn bis 15 Jahre vor, im Raum Lienz alle 40 bis 50 Jahre und weiter im Norden seltener als alle 50 Jahre, wie in Mallnitz oder Bad Gastein.“