Salzburger Nachrichten

„Ich bin nicht am Boden zerstört“

Tennisstar Dominic Thiem spricht nach dem dramatisch­en Endspiel in London über seine Gefühlslag­e, sein turbulente­s Jahr, wie er mit Millionen Fans und Millionen Euro umgeht.

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Einen Titel als krönenden Abschluss für 2019 gab es nicht zu feiern, geschlafen hat er trotzdem kaum. Dominic Thiems erster Weg von den ATP Finals in London führte ihn schon Montag früh nach Salzburg. Nach der dramatisch­en Finalniede­rlage gegen Stefanos Tsitsipas versuchte der Tennisstar beim Abendessen im Hangar-7 seine Gedanken zu ordnen. Vor seinem Auftritt in „Sport & Talk“auf Servus TV trafen die SN den 26-Jährigen. Es ist immer wieder die sehr umgänglich­e Art, mit der Thiem nun auch als internatio­naler Topstar beeindruck­t.

SN: Warum hat es am Ende so knapp nicht gereicht? Dominic Thiem: Weil zwei, drei Punkte nicht auf meine Seite gefallen sind. Die letzten drei Fehlern dürfen nicht sein. Ich habe sehr gut gespielt und trotzdem war es dann eben um das bisschen zu wenig.

SN: Wie fühlt sich die Niederlage 24 Stunden später an? Sie tut von den drei großen Endspielen immer noch am meisten weh, weil ich im Gegensatz zu jenen in Roland Garros so nah an einem riesigen Titel dran war. Anderersei­ts habe ich mich durch sehr starke Matches gegen Federer und Djokovic überhaupt erst in diese Situation gebracht. Ich muss nicht am Boden zerstört sein.

SN: Überwiegt nun die Enttäuschu­ng über den verpassten Titel oder der Stolz auf die großen Siege zuvor? Noch ist es die Enttäuschu­ng, aber wenn ich das gesamte Jahr noch einmal in Ruhe Revue passieren lasse, dann blicke ich mit einem sehr, sehr guten Gefühl zurück. Vor allem das letzte Saisonvier­tel mit dem Comeback nach dem Virus und dem Heimsieg in Wien war sensatione­ll.

SN: War das Finale ein Signal, dass es schon 2020 zu einer Wachablöse kommt. Sie sind der erste Herausford­erer. Ich bin mir ziemlich sicher, dass nächstes Jahr ein neuer Spieler ein Grand Slam gewinnen wird. Ich sehe mich in dieser Position auf einer Stufe mit Zverev, Medwedew und Tsitsipas und hoffe natürlich, dass ich derjenige bin, der den ersten Slam holt und in weiterer Folge irgendwann auch mal Nummer eins ist. Das bleibt das große Ziel.

SN: Eine Million Österreich­er saßen vor den TV-Schirmen. Merken Sie diesen Hype um Sie auch im Ausland? Ich bekomme ihn nicht so hautnah mit wie in Kitzbühel und Wien. Aber ja, ich kenne diese Zahl und es macht mich irrsinnig stolz, dass sich so viele Leute dafür interessie­ren. Ich habe immer gesagt, dass mir das Wichtigste am Erfolg ist, dass ich andere damit begeistern kann. Wenn dadurch auch mehr Kinder Tennisspie­len anfangen, macht mich das sehr glücklich.

SN: Ihr Jahr war eine Achterbahn­fahrt. Was nehmen Sie mit? Unglaublic­h viel Erfahrung, die mir hilft, dass ich aus den Phasen mit körperlich­en Problemen lerne und dass ich noch besser werde. Es bestätigt mich, dass ich immer noch viel rausholen kann.

SN: Viele Personen aus Ihrem engsten Umfeld waren in London. Nur eine hat gefehlt. Kiki (Tennisprof­i Kristina Mladenovic) und ich haben einen außergewöh­nlichen Job, dem wir alles unterordne­n. Daher ist es sehr schwierig derzeit. Wer weiß, was die Zukunft bringt.

SN: Jetzt wartet einmal Urlaub. Wohin zieht es Sie? Irgendwo Richtung Miami. Dort startet am 2. Dezember die Vorbereitu­ng auf 2020. Vorher aber einfach mal nichts machen, das ist herrlich und muss sein.

SN: Sie sind mit 26 Multimilli­onär. Was machen Sie mit dem Geld? Ich habe Freunde in der Familie und Experten, die sich darum kümmern und das ist auch gut so (lacht). Ich liebe es gut und schön essen zu gehen. Dabei nicht auf den Preis schauen zu müssen, ist für mich schon viel Luxus und ich weiß das zu schätzen. Geld ist ein schöner Nebeneffek­t, war aber nie mein Antrieb. Rafa oder Roger haben für alle Generation­en hundertfac­h ausgesorgt und sind gleich hungrig nach Erfolgen wie vor 20 Jahren. So will und werde ich auch bleiben.

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BILD: SN/SERVUSTV/NEUMAYR Thiem auf Einladung von Servus TV zu Gast in Salzburg.

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