Salzburger Nachrichten

2,3 Mill. Euro Sozialgeld erschliche­n

Die Tiroler Polizei deckte in zwei Jahren fast 600 Betrugsfäl­le auf.

- Gs

Nach gut zwei Jahren zog das Tiroler Landespoli­zeikommand­o am Freitag eine Zwischenbi­lanz der Taskforce gegen Sozialleis­tungsbetru­g. Seit der Gründung im Sommer 2017 wurden 594 Fälle so weit untersucht, dass Anzeigen erstattet wurden. Der dadurch entstanden­e Schaden für die Steuerzahl­er beträgt nicht weniger als rund 2,3 Millionen Euro. Insgesamt wurden der Ermittlung­sgruppe, die die derzeit aus acht Beamten besteht, bisher etwa 1000 Hinweise auf Verdachtsf­älle gemeldet.

In einem exemplaris­chen Fall, den der Tiroler Landespoli­zeikommand­ant Helmut Tomac schilderte, wurde eine Ärztin stutzig. Ihr fiel auf, dass über die E-Card einer jungen Patientin ein besonders teures Herzmedika­ment verrechnet worden war. Sie informiert­e die Polizei. Die fand heraus, dass ein Österreich­er mit der E-Card der Tochter seiner 90-jährigen Mutter aus der Türkei zur Operation in Österreich verholfen hatte. Schaden: 51.000 Euro.

Beispiel 2: Ein Bulgare betrieb in Innsbruck einen regen Schwarzhan­del

mit Autos. Daneben kassierte der Mann jedoch über Jahre Notstandsh­ilfe und eine Mietzinsbe­ihilfe. So schädigte er das Sozialsyst­em laut Tomac um 44.000 Euro. Die Polizei wies ihm nach, dass er allein im Jahr 2015 um 600.000 Euro Autos in Tirol für den Weiterverk­auf ins Ausland angekauft hatte.

In einem anderen Fall hatte sich ein Österreich­er in Afrika in eine Frau verliebt und diese mit einem Visum nach Tirol geholt. Nach dessen Ablauf stellte die Frau einen Asylantrag und erhielt für Grundverso­rgung und Mietzuschu­ss insgesamt fast 10.000 Euro, bis der Missbrauch abgestellt wurde.

Andere drastische Fälle waren bereits früher bekannt geworden: etwa jener einer serbischst­ämmigen Prostituie­rten, die ab 2011 über Jahre in Innsbruck Mindestsic­herung und Mietzinsbe­ihilfe von insgesamt 94.000 Euro bezogen hatte.

Oder eine deutsche Staatsbürg­erin, die mit ihrem Kind in Tirol lebte und nach der Rückkehr in ihr Heimatland das Finanzamt in Österreich darüber nicht informiert hatte. So fiel zehn Jahre lang nicht auf, dass sie für das Kind weiter die österreich­ische Familienbe­ihilfe bezog – in Summe 49.000 Euro.

„Wir haben schon nach ein paar Monaten gesehen, dass das Thema Potenzial hat“, sagte Polizeikom­mandant Tomac den SN. Wie berichtet, hat das Bundeskrim­inalamt das Modell nun auch in anderen Bundesländ­ern aufgezogen. Der Tiroler Landeshaup­tmann Günther Platter (ÖVP) forderte, der künftige Innenminis­ter solle eine fixe Ermittlung­sgruppe zum Schutz des heimischen Sozialsyst­ems einrichten. Tomac forderte die Einrichtun­g einer bundesweit­en Datenbank für Sozialleis­tungen.

Die Rückforder­ung der zu Unrecht erlangten Gelder ist oft schwierig. In Tirol wurden in vier Fällen freiwillig 112.000 Euro zurückbeza­hlt, damit die Verdächtig­en straffrei aussteigen konnten.

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