Kein Plastik, aber mehr Verderb
Der Handel verzichtet zunehmend darauf, Gurken einzuschweißen. Seither landen tonnenweise Gurken im Müll – gerade im Winter.
Für viele ist sie das Sinnbild unnötiger Plastikflut schlechthin: die eingeschweißte Gurke. Warum in Plastik wickeln, was ohnehin geschält wird, meinen viele.
Der Handel verzichtet daher zunehmend darauf, Gurken einzuschweißen, und legt sie wie gewünscht unverpackt in die Regale. Das aber hat Folgen: Der Verderb stieg zuletzt massiv. Zahlen dazu will im heimischen Handel niemand nennen. In Deutschland gehen Experten von einer Verdoppelung des Verderbs von davor fünf auf momentan zehn Prozent aus.
„In Österreich ist die Situation nicht anders“, sagt Eva-Maria Gantar von der Landwirtschaftskammer. Was im Sommer mit heimischen Gurken durch kurze Transportwege problemlos möglich sei – unverpackte Gurken frisch zu halten, bis sie beim Konsumenten sind –, führe jetzt im Winter, wo Gurken meist aus Spanien importiert würden, zu haarsträubenden Lösungen. „Spanische Produzenten gehen dazu über, ganze Kartons in dickes Plastik einzuschweißen, was deutlich mehr Plastik braucht, als jede Gurke mit einer dünnen Folie zu umwickeln. Und wenn eine Gurke im Karton fault, muss man alle anderen auch wegschmeißen.“
„Es ist tatsächlich so, dass der Verderb nach oben geht“, bestätigt Spar-Sprecherin Nicole Berkmann, in „nicht unerheblichem Ausmaß.“Die derzeit meist aus Spanien importierten Gurken würden öfter schrumpelig und gelblich – und vom Kunden nicht mehr gekauft. Spar sei dabei, das Ausmaß zu erheben, um Entscheidungen zu treffen.
Allein der Transport aus Spanien dauere drei Tage, erklärt auch Paul Pöttschacher von Rewe (Billa, Merkur, Adeg, Penny). Tests der Konzernmutter in Deutschland hätten gezeigt, dass der Verderb damit stark steige. Rewe schweißt die Gurken im Winter daher wieder ein. Im Sommer gibt es heimische Gurken wieder unverpackt. Diskonter Hofer dagegen ist erst in dieser Wintersaison dazu übergegangen, alle Gurken – ob bio oder nicht – ohne Plastik zu verkaufen. In einem Test bis zum Frühjahr, wie es heißt, dann werde entschieden.
Heimische Gurken gibt es mittlerweile fast nur noch ohne Plastikhülle. Bei täglich frischer Lieferung an den Handel sei es kein Problem, dass Gurken ohne luftdichten Schutz maximal eine Woche halten, sagt Josef Peck, Vorstand von LGVFrischgemüse, Österreichs größtem Gemüseanbieter mit mehr als 100 Bauern. Freilich, heimische Gurken gebe es nur von März bis Oktober, dann sei es durch zu wenig Licht selbst im beheizten Glashaus nicht möglich, Gurken zu pflanzen.
36 Prozent der in Österreich gegessenen Gurken werden laut Statistik Austria eingeführt. Während im August etwa aus Spanien nur 50 Tonnen Gurken importiert werden, sind es im November fast 4000 Tonnen, sagt Statistiker Erwin Wildling.