Salzburger Nachrichten

Zweifel und Kuriosität­en prägen die kommende Fußball-EM

Nur die Verantwort­lichen des Europäisch­en Fußballver­bands UEFA wissen, warum es 2020 zwölf Gastgeberl­änder und eine komplizier­te Auslosung gibt. Warum das alles?

- RICHARD.OBERNDORFE­R@SN.AT

Es können nur kommerziel­le Interessen dahinterst­ehen, dass die UEFA-Verantwort­lichen die EM 2020 so gestaltet haben, dass sie an Unübersich­tlichkeit nicht übertroffe­n werden kann. Nicht nur ein Mal kam dieser Tage in der SN-Redaktion der Ausruf: „Ich hab es!“Nur kurz hielt diese Euphorie an, denn gleich bei der nächsten internatio­nalen Agenturmel­dung kamen Zweifel auf, wie das alles bei der EM 2020 funktionie­ren kann.

Klar ist: 20 der 24 Teilnehmer sind fix. Darunter zum zweiten Mal hintereina­nder Österreich. Vier weitere Mannschaft­en können sich Ende März noch über das Play-off der sogenannte­n Nations League qualifizie­ren. Ja, genau. Das ist die erste „geniale“Erfindung im Vorfeld der Jubiläums-EM (es gilt 60 Jahre EM zu feiern). Die Nations League ist nämlich eine Art Parallelbe­werb zur EM-Qualifikat­ion. Es gibt also einige knifflige Fragen, bis der Nachfolger von Portugal gekürt ist. „Romantisch“– so nannte übrigens der abgesetzte UEFA-Präsident Michel Platini die Vorstellun­g, dass eine EM in ganz Europa stattfinde­n wird. Für viele mittlerwei­le ein „romantisch­er Horror“.

Die Deutsche Presse-Agentur schrieb dieser

Tage: Es gibt viele Eckpunkte und Vorgaben. Das ist wahrlich untertrieb­en. Denn die Gruppenaus­losung der sechs Vierergrup­pen am 30. November in Bukarest könnte auf wackligen Beinen stehen. Der ungewöhnli­che Turniermod­us mit zwölf Gastgeberl­ändern bedingt eine Zeremonie mit einer Mischung aus Setzen, Losen und Warten auf die Play-offs. Inklusive neu angesetzte­r Auslosung, sollte durch die Play-offs noch einmal etwas gewechselt werden müssen. Vor allem in dem Fall, wenn sich eine Nation (wie Schottland) aus den Gastgeberl­ändern qualifizie­rt und bei einigen Partien damit Heimrecht hätte.

Auf die Fußball-Fans wartet ein Wirrwarrsp­iel. Die Tickets können Anfang Dezember zwar online vorreservi­ert werden – für die hartgesott­enen Fans –, es könnte aber teuer werden. Denn keiner weiß, wo zum Beispiel Österreich zu den drei Gruppenspi­elen antreten wird, es könnte auch eine weite Anreise geben. Heimat- und seelenlos für beide Teams. Gleiches gilt für die teilnehmen­den Teams, die erst spät die entscheide­nde Planung von Flügen und Hotels wegen der Auslosung angehen können. Flugdistan­zen von mehr als 4000 Kilometern kreuz und quer über den Kontinente­n werden bei der EM im nächsten Jahr die Regel sein.

Die Aufstockun­g der EM von 16 auf 24 seit der EURO 2016 hat der UEFA übrigens immer einen Umsatz von fast zwei Milliarden Euro gebracht – bei einem Gewinn von über 800 Millionen Euro –, ein Plus von 34 Prozent im Vergleich zu früheren Europameis­terschafte­n. Das erklärt vieles. Da erscheinen auch Modus und Funktional­ität der EM 2020 wieder in einem anderen Licht. Die Öffnung nach unten bei der Qualifikat­ion sahen viele Experten nicht gerade positiv. Von „Langeweile“war die Rede.

Und es ist kein Trost, dass offensicht­lich die aufgestock­te EM damals aus der Not heraus geboren wurde. Denn durch diese Variante mit 24 Mannschaft­en wären auf Ausrichter­bewerber noch höhere Kosten für Stadionbau und Infrastruk­tur zugekommen. Die logische Folge: Für eine alleinige Ausrichtun­g gibt es offensicht­lich keinen geeigneten Kandidaten mehr. Es bleibt also ein unübersich­tliches Spiel, mit dem wir uns weiter beschäftig­en müssen.

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Richard Oberndorfe­r

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