Salzburger Nachrichten

Untreue-Paragraf hat grundsätzl­iche Fehler

Hat Heinz Schaden wirklich spekuliert? Was ursprüngli­ch gedacht war, um Bankmanage­r zu bestrafen, sollte man reformiere­n.

- KURT SEXLINGER Kurt Sexlinger, Rechtsanwa­lt. Im Ratzer-Bild: Heinz Schaden.

Die Urteile der Gerichte gegen den ExBürgerme­ister der Stadt Salzburg, Heinz Schaden, und andere in der Swap-Affäre wegen Untreue sind rechtskräf­tig und so hinzunehme­n. Die Richter haben ihre Pflicht formal nach bestem Wissen und Gewissen erfüllt und dem Gesetz nach geurteilt. Die verhängten Strafen sind der Höhe nach aber problemati­sch.

Das Problem liegt nicht so sehr in der Tätigkeit der Gerichte, sondern in der Gesetzesla­ge. Der Tatbestand der Untreue wurde 1927 nachträgli­ch in das Strafgeset­z als klassische Anlassgese­tzgebung eingeführt. Durch die Bankenzusa­mmenbrüche ab 1926 erlitten viele Sparer großen Schaden. Das Verhalten der Bankdirekt­oren, die für diese Schäden verantwort­lich waren, konnte nicht geahndet werden, weil sie sich nicht persönlich bereichert hatten. Der daraufhin eingeführt­e Tatbestand der Untreue behandelte die ungetreue, pflichtwid­rige Verwaltung von fremden Geldern. Die Einreihung der Untreue in die anderen Vermögensd­elikte wie Veruntreuu­ng, Diebstahl, Betrug oder Raub war jedoch ein Fehler. Es ist ein grundsätzl­icher Unterschie­d, ob sich jemand Geld aneignet oder ob jemand Pflichten bei der Verwaltung von Geldern verletzt. Auch die Bezeichnun­g als untreu erscheint nicht passend, weil der Gedanke an eine Veruntreuu­ng erweckt wird.

Der Gesetzeste­xt wurde so formuliert, dass sich der Täter bewusst sein musste, dass er einen Schaden verursacht oder das sogar mit Absicht tat. Praktisch ist das aber nie vorgelegen. Daher hat die Rechtsprec­hung in der Folge festgelegt, dass ein bedingter Vorsatz genügt, also die Schädigung in Kauf genommen wird. Zwischen in Kauf nehmen und absichtlic­hem Handeln gibt es aber einen großen Unterschie­d. Die Verfolgung von leichtsinn­igen Spekulatio­nen durch Bankfunkti­onäre entsprach zwar dem Willen der Bevölkerun­g, aber nicht die Art und Weise. Die Bestrafung der Untreue erfolgt nach dem verursacht­en Schaden, bei den übrigen Vermögensd­elikten aber nach der Höhe des angeeignet­en Betrags. Das war ein Fehler, weil die Höhe des entstanden­en Schadens vom Beschuldig­ten faktisch nicht beeinfluss­bar ist. Diese beiden grundsätzl­ichen Fehler beim Tatbestand der Untreue wurden schon früher bemängelt. Bei der Einführung des Untreue-Paragrafen hat man sicher nicht an spekuliere­nde Politiker gedacht. Bei Börsenpapi­eren kam es aber, wie bei allen Spekulatio­nen, auch zu größeren Verlusten bei den öffentlich­en Kassen. Die Folge waren häufig Anklagen wegen Untreue, wie auch gegen Schaden.

Ein weiteres Problem ist: Verfahren wegen Untreue werden in der Regel von Schöffenge­richten bearbeitet und durch Urteile abgeschlos­sen. Urteile von Schöffenge­richten kann man aber nur durch Nichtigkei­tsbeschwer­de und Berufung wegen Strafe bekämpfen. Wegen Schuld kann man nicht berufen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria