Die Burgunder, eine Weinfamilie
Die Burgunder-Rebsorten sind äußerst anspruchsvoll – sowohl im Weingarten als auch im Keller. Als Wein spielen Pinot Noir, Sankt Laurent, Chardonnay und Co. aber in einer ganz eigenen Liga.
Über die Herkunft der Burgunderfamilie gibt es viele Hypothesen. Als ihre Urheimat gilt das Gebiet zwischen dem Genfer See und dem Rhônetal in Frankreich. Die Weine des Burgunds – daher auch ihr Name – erreichten als Erste Kultstatus. Als unangefochten gelten die Gewächse der Domaine Romanée-Conti. Das Spitzenprodukt, ein Wein aus der Monopol-Lage Romanée-Conti, von dem jedes Jahr nur ein paar Tausend Einheiten abgefüllt werden, erzielt auf dem internationalen Markt bis zu 10.000 Euro pro Flasche. Er wird nur an ausgewählte Kunden abgegeben. Von Romanée-Conti stammt auch der teuerste jemals versteigerte Wein. Die Flasche aus dem Jahr 1945 war am 13. Oktober 2018 in New York für einen Preis von rund 491.000 Euro verkauft worden. Was für alle Burgunder gilt: Sie verkörpern immer eine gewisse Noblesse und Feingliedrigkeit. Sie sind nie vordergründig und laut, sondern immer eher auf der subtilen Seite. Das ist wohl auch einer der Gründe, der es vor allem Weinnovizen schwer macht, die Qualität richtig einzuschätzen. Die Sorten der Pinot-Familie wachsen bevorzugt in den kühleren Weinbauregionen der Welt. Der Name Pinot leitet sich wahrscheinlich von der lang gezogenen Form der Trauben ab, die den Zapfen einer Kiefer (franz. pin) recht ähnlich sind. Bei den einzelnen Spielarten der Burgunder handelt es sich zum großen Teil um natürliche Mutationen aus der Urburgundersorte Pinot Noir. Diese ist aufgrund ihrer dunklen Beerenfarbe den Wildreben am ähnlichsten. DNA-Untersuchungen,
wie jene der University of California in Davis und der Université im südfranzösischen Montpellier, bestätigen die Annahme. Daneben wurde im Jahr 2000 am Klosterneuburger Weinbauinstitut von Ferdinand Regner eine Beziehung des Burgunders zum Traminer festgestellt. Wobei nicht der intensive Gewürztraminer, sondern der etwas ruhigere klassische Traminer gemeint ist. Für Rebzüchter Regner ist der Burgunder eine höchst spannende Angelegenheit, allerdings auch sehr aufwendig bei der Pflege im Weingarten. Um ihn gesund zu halten, ist viel Pflanzenschutz notwendig. Aufgrund dessen züchtete er mit dem Pinot Nova eine neue, gegen Pilze widerstandsfähige Sorte. Ihr schreibt er ein großes Zukunftspotenzial zu. Die sogenannte PIWI-Sorte stellt wegen ihrer höheren Resistenz gegen Pilzkrankheiten eine gute Alternative zu den klassischen roten Burgundern dar. Der Wein erinnert sehr stark an St. Laurent.
Zu den alteingesessenen Pinot-Familienmitgliedern zählen als direkte Verwandte der Weißburgunder (Pinot Blanc), Grauburgunder (Pinot Gris) sowie Schwarzriesling, Samtrot und Frühburgunder. Die drei letztgenannten Sorten werden vorwiegend in Deutschland angebaut. In Österreich spielen sie keine Rolle. Am Rande: Der Schwarzriesling ist als Pinot Meunier (dt. Müllerrebe, wegen seiner weißen Triebspitzen, die aussehen, als hätte man sie mit Mehl bestäubt) neben dem Chardonnay und Pinot Noir eine der drei wichtigen Sorten für die Herstellung von Champagner.
International gesehen ist die Pinot-Familie groß und hat einige Hundert Mitglieder, die teilweise aber nur regional wachsen und kaum Bedeutung haben. Global wichtig ist der Chardonnay und für Österreich bei den Rotweinen im Speziellen der Sankt Laurent. Beide sind nach neuen Untersuchungsergebnissen keine Mutation, sondern natürliche Burgunderkreuzungen. Bei Chardonnay ist das Pinot Noir mit Gouais Blanc (Heunisch), beim Sankt Laurent ist die zweite Sorte neben dem Pinot Noir noch unbekannt. Burgundersorten können sich gut ihrem Standort anpassen. Sie wurden aufgrund ihrer positiven Eigenschaften im fertigen Wein auch vielfach von Menschenhand als Klone weiterentwickelt.
Der Pinot Noir ist die Herzblutsorte der Brüder Reinisch aus der Thermenregion südlich von Wien. In ihrem Weingut in Tattendorf wird sie auf rund 25 Prozent der Fläche angebaut. „Pinot Noir hat wie kaum eine zweite Sorte die Fähigkeit, den Boden, das Klima und die Handschrift des Winzers widerzuspiegeln“, sagt Johannes Reinisch. Sie sei auch ein guter Indikator dafür, ob der Produzent ein talentiertes Händchen habe, denn sie verzeihe keinen Fehler. Die Diva unter den roten Sorten habe durchaus ihre Launen. Im schlechtesten Fall sei sie schwer zugänglich und habe ein sogenanntes Burgunderstinkerl im Duft. Wenn aber alles passe, tanze der Wein am Gaumen, sei facettenreich und höchst spannend. Die Reinischs stehen nicht nur für allerbesten Pinot Noir, sie brillieren auch beim Sankt Laurent.
Trotz der engen Verwandtschaft der beiden roten Sorten gibt es sensorische Unterschiede. St. Laurent ist in der Regel dunkler in der Farbe und Frucht. Pinot Noir ist optisch heller und hat eine rote Beerennote. St. Laurent braucht als Wein eine Spur länger, bevor er genussreif ist. Pinot Noir ist oft schon nach der Füllung trinkbereit, die Besten können aber auch über viele Jahre gelagert werden. Ihre Aromatik verändert sich dann in Richtung Waldboden, Laub und Pilze. Kein Wunder, dass die Weine perfekte Begleiter für Gerichte der kalten Jahreszeit sind.