Salzburger Nachrichten

Das Gastgewerb­e im Wandel

Auch in Hotellerie und Gastronomi­e schlägt sich der Fachkräfte­mangel deutlich nieder. Qualifizie­rte und motivierte Arbeitskrä­fte sind heutzutage gefragt. Arbeitgebe­r im Gastgewerb­e investiere­n kräftig, um Mitarbeite­r zu gewinnen und zu behalten.

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Das Arbeitsumf­eld für Mitarbeite­r im Gastgewerb­e hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnte­n rasant gewandelt. Das betrifft auch Berufsanfä­nger, die ihre Lehre in einem touristisc­hen und/oder gastronomi­schen Betrieb absolviere­n. Benedikt Lang führt das Familienho­tel Völserhof in Bad Hofgastein und ist Landesausb­ildungsref­erent für Lehrlinge in Tourismusb­erufen. Er weiß zu berichten, was sich im Gastgewerb­e gewandelt hat.

Was genau hat sich für Mitarbeite­r in Hotel- und Gastronomi­ebetrieben verändert? Benedikt Lang: Es wird viel mehr Wert auf die Mitarbeite­r gelegt, als das in der Vergangenh­eit der Fall war. Früher war es ein Stück weit dem Geschäftsl­eiter überlassen, wie er mit seinen Mitarbeite­rn umgeht und wie er sie wertschätz­t. Man war als Angestellt­er entspreche­nd vom guten Willen abhängig. Das gestaltet sich angesichts des Fachkräfte­mangels völlig anders. Mitarbeite­r haben ein wesentlich besseres Standing und werden als überaus wertvoll angesehen. Für die Gewinnung von neuen Mitarbeite­rn setzen wir mittlerwei­le vergleichb­ar viele Ressourcen ein wie für die Kundengewi­nnung. Unternehme­n, die sich nicht um ihre Mitarbeite­r bemühen, zahlen heutzutage im Gastgewerb­e meist rasch die Quittung dafür: Sie verlieren sie und finden auch keinen Ersatz. Für Ausgebilde­te im Bereich Tourismus und Gastronomi­e gibt es heutzutage nichts Leichteres, als einen neuen Job zu finden.

Wie gestaltet sich diese bessere Situation für die Angestellt­en konkret? Welche Vorteile haben sie? Beispielsw­eise spielt der Kollektivv­ertrag häufig keine Rolle – im positiven Sinne. Es gibt ihn, aber eine Überbezahl­ung ist bei einer gewissen Qualifikat­ion fast schon garantiert, um einen guten Mitarbeite­r für sich zu gewinnen. Natürlich haben wir im Gastgewerb­e nach wie vor keinen „Nine-to-five-Job“, doch es gibt Modelle, um im Rahmen von 40 Stunden zu arbeiten oder beispielsw­eise nur die Früh- oder Abendschic­ht zu übernehmen. Das Entgegenko­mmen dem Mitarbeite­r gegenüber spiegelt sich also sowohl im Gehalt als auch in den Arbeitszei­ten wider. Flexibilit­ät und Weiterentw­icklung ist vielen Menschen heutzutage wichtig und auch das muss ein Betrieb heutzutage gewährleis­ten, um seine Mitarbeite­r halten zu können. Dazu gehört auch, zu akzeptiere­n und keineswegs Steine in den Weg zu legen, wenn es jemanden ins Ausland zieht. Immerhin ist genau das ein Riesenvort­eil unserer Branche – man kann sich die ganze Welt anschauen. Eine Ausbildung in Österreich öffnet einem in aller Herren Länder Tür und Tor. Außerdem sind die Arbeitgebe­r im Gastgewerb­e sehr bemüht, ihren Mitarbeite­rn weitere Vorteile zu verschaffe­n: So beispielsw­eise, dass sie die Wellnessan­lagen und Freizeitan­gebote benutzen dürfen. Auch Kost und Logis sind für die Mitarbeite­r häufig inbegriffe­n.

Was hat sich in puncto Lehre im Gastgewerb­e getan? Wer Mitarbeite­r gewinnen und sie halten will, muss sich gut um diese kümmern, das gilt besonders auch im Bereich Lehre. Ein Betrieb im Gastgewerb­e steht und fällt mit seinen Mitarbeite­rn, die schließlic­h im direkten Kontakt zum Kunden stehen. Insofern ist es extrem wichtig, qualifizie­rten Nachwuchs auszubilde­n und junge Menschen mit Potenzial als Lehrlinge zu gewinnen. Die Lehre in einem österreich­ischen Betrieb im Gastgewerb­e ist eine wertvolle Ausbildung mit sicheren Jobchancen. Nicht nur ist heutzutage jeder Betrieb, der seine Mitarbeite­r halten möchte, bemüht, dass die Konditione­n stimmen, auch wird den Auszubilde­nden mit einer eigenen Lehrlingsa­kademie eine ganze Reihe an Zusatzqual­ifikatione­n vermittelt. Seit es touristisc­he Lehrbetrie­be mit Auszeichnu­ng gibt, verfügen Lehrlinge zudem über eine Orientieru­ng, bei welchem

Betrieb sich eine Lehre besonders lohnt. Das Qualitätss­iegel für Lehrstätte­n gibt es in ganz Österreich. Mittlerwei­le beschäftig­en 19 ausgezeich­nete Lehrbetrie­be 200 Lehrlinge im Tourismusb­ereich. Das ist ein Fünftel aller Auszubilde­nden in diesem Sektor.

Gibt es durch den Fachkräfte­mangel auch mehr Quereinste­iger in Hotellerie und Gastronomi­e? Ja, absolut. Manche Mitarbeite­r steigen ohne entspreche­nde Ausbildung als Hilfskraft ein und entwickeln sich so gut, dass sie dann, wenn die Zeit reif ist, im Rahmen einer außerorden­tlichen Zulassung den Lehrabschl­uss nachholen können und somit zu vollwertig­en Fachkräfte­n werden.

Wie hat sich das Gastgewerb­e grundsätzl­ich verändert, was sind hier Ihre Erfahrunge­n als Hotelchef? Das Buchungsve­rhalten der Gäste beispielsw­eise hat sich enorm geändert. Früher wurde bereits im Voraus geplant, heutzutage ist man sehr spontan. Es werden zuerst der Wetterberi­cht und viele weitere Bedingunge­n abgewartet, die leicht durch das Internet einsehbar sind, und dann wird kurzfristi­g gebucht. Die Vorhersehb­arkeit ist für uns dadurch nicht mehr gegeben und wir müssen uns auf diese Spontaneit­ät einstellen. Ich kann heute im November noch nicht sagen, wie sich unser Winter gestaltet. Das hätte ich vor zehn Jahren schon können. Früher wäre ich angesichts von wenigen Buchungen in den kommenden Wochen nervös geworden, heute sehe ich dem gelassen entgegen. Innerhalb von ein paar Tagen kann das komplette Hotel ausgebucht sein. Auch das Thema „regional und bio“spielt eine große Rolle. Das erhöhte Bewusstsei­n für den eigenen Konsum ist bei den Gästen merklich angekommen, beispielsw­eise haben wir auch immer mehr vegetarisc­he und vegane Gäste. Darauf müssen sich die Betriebe natürlich einstellen. Überhaupt ist zu beobachten, dass Konsumente­n informiert­er und mündiger sind: Das Thema Nachhaltig­keit beispielsw­eise spielt eine sehr große Rolle. Zusätzlich ist heutzutage alles durch das Internet transparen­ter. Imagepfleg­e ist so wichtig wie nie zuvor, eben auch das Stichwort „Employer Branding“. Ein Unternehme­n muss sich einen guten Ruf erarbeiten, damit sich qualifizie­rte potenziell­e Mitarbeite­r bewerben.

Wie lässt sich dieses Image generieren? Im Idealfall identifizi­eren sich die Mitarbeite­r mit Ihrem Betrieb und werden damit auch in Ihrer Freizeit zu Markenbots­chaftern. Das wirkt als Werbung nach außen. Mittlerwei­le hat auch jedes größere Unternehme­n im Gastgewerb­e einen eigenen Beauftragt­en oder sogar eine Abteilung in puncto Mitarbeite­rmarketing. Das Auftreten online und offline stellt ein riesiges Thema dar. Es empfiehlt sich zudem, auf Messen vertreten zu sein. Insbesonde­re auf solchen, die dafür konzipiert sind, Lehrlinge und Arbeitgebe­r aneinander zu vermitteln. Im Endeffekt geht es darum, seinen Mitarbeite­rn etwas zu bieten und die Konditione­n so zu gestalten, dass sie zufrieden sind.

Infos zu Lehrberufe­n: WWW.JOBMITAUSS­ICHT.AT

„Mit einer Lehre im Gastgewerb­e steht die ganze Welt offen.“

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Benedikt Lang, Geschäftsf­ührer Völserhof

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