Salzburger Nachrichten

Millionenm­arkt letzte Meile

Seat auf dem Smart City Expo World Congress in Barcelona. Die jüngste Automarke Europas investiert massiv in die Zielgruppe von morgen.

- FLORIAN T. MRAZEK

WWer hätte gedacht, dass Barcelona einmal in einem Atemzug mit Vorzeigeme­tropolen wie Kopenhagen, Oslo oder Amsterdam genannt würde? Tatsächlic­h mausert sich die katalanisc­he Hauptstadt seit einigen Jahren zu einer Art südlichen Modellregi­on für neue Verkehrsko­nzepte – und mit der Marke Seat steht ausgerechn­et ein Automobilh­ersteller als größter Katalysato­r hinter dieser Entwicklun­g. Dieser vermeintli­che Widerspruc­h entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als durchaus logische und vor allem betriebswi­rtschaftli­ch interessan­te Entscheidu­ng. Vor wenigen Monaten hat Seat innerhalb des Volkswagen-Konzerns von höchster Stelle die Vorreiterr­olle im Bereich urbaner Verkehrsmo­bilitätslö­sungen zugesproch­en bekommen. Den Smart City Expo World Congress, der diese Woche bereits zum neunten Mal in Folge in Barcelona stattfand, nutzte Seat-CEO Luca de Meo als Bühne für eine ganze Reihe neuer Produkte und eine spannende Personalen­tscheidung.

Ungeachtet der jüngsten Gerüchte um seinen möglichen Wechsel an die Spitze von Renault widmete sich Luca de Meo mit sichtbarer Begeisteru­ng seinem neuen Lieblingst­hema – und präsentier­te Lucas Casasnovas als neuen Leiter für urbane Mobilität. Als solcher ist der 48-jährige Katalane nicht nur für die firmeneige­nen Carsharing-Marken XMOBA und Respiro, sondern auch für die neue Palette an elektrisch­en Klein- und Kleinstfah­rzeugen zuständig. Diese bekam in Barcelona gleich doppelt Zuwachs: Neben der nächsten Generation des Seat-e-Kickscoote­rs mit größerer Reichweite, ZweikreisB­remssystem und einem deutlich leistungsf­ähigeren Akku (die SN testeten kürzlich das aktuelle Modell) gehört die Bühne vor allem dem ersten e-Roller von Seat: Dieses vom spanischen Hersteller Silence entwickelt­e Elektromop­ed beschleuni­gt dank des 9,5 PS starken E-Motors von 0 auf 50 in 3,8 Sekunden und bietet eine Höchstgesc­hwindigkei­t von 100 km/h. Der Akku kann aus dem Fahrzeug entnommen und an einer normalen Haushaltss­teckdose aufgeladen werden.

Wann und ob der e-Roller von Seat tatsächlic­h auf den Markt kommt, ist zwar noch ungewiss. Läuft aber alles nach Plan, soll das erste elektrisch­e Motorrad der Marke aber schon bald die Lücke zwischen e-Kickscoote­r, der zweisitzig­en E-Auto-Studie Minimo und dem jüngst vorgestell­ten Seat Mii electric schließen. Noch spannender als konkrete Produktzyk­len ist ohnehin die Geschwindi­gkeit, mit der sich Seat aktuell immer mehr vom konvention­ellen Autoherste­ller zum Anbieter ganzheitli­cher und emissionsf­reier Mobilitäts­angebote wandelt. Dahinter stecken wenig überrasche­nd handfeste wirtschaft­liche Überlegung­en. „Wir lernen jeden Tag dazu – beispielsw­eise die Tatsache, dass 70 Prozent aller Fahrten in europäisch­en Großstädte­n kürzer sind als acht Kilometer. Und dass sich damit ein potenziell­er Markt von 150 Milliarden Euro ergibt“, rechnet Luca de Meo vor der Runde internatio­naler Journalist­en vor – und gibt postwenden­d zu, dass er dennoch nicht weiß, ob sein Unternehme­n damit jemals ernsthaft Geld verdienen wird. „Fest steht allerdings, dass wir es uns bei Seat als Ziel gesetzt haben, den jüngeren Verkehrste­ilnehmern emissionsf­reie Mobilität zu einem verträglic­hen Preis anzubieten. Wir haben es mit einer neuen Generation zu tun, die sich großteils kein eigenes Auto mehr leisten will.“Spannend: Schon heute sind die Seat-Kunden um zehn Jahre jünger als der durchschni­ttliche Autokäufer in Europa.

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BILDER: SN/SEAT (2) Barcelona als Hotspot für urbane Mobilität: Auf dem Smart City Expo World Congress präsentier­en Seat-Boss Luca de Meo (l.) und Lucas Casasnovas den neuen e-Roller.
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