ÖVP und Grüne siegen auch in der Steiermark
ÖVP und Grüne erhalten Rückenwind für die Regierungsverhandlungen. Die Talfahrt von SPÖ und FPÖ geht weiter. Offen ist, wen LH Schützenhöfer als Regierungspartner wählt.
Erstmals seit 14 Jahren ist die ÖVP in der Steiermark wieder stärkste Partei. Die Volkspartei legte stark zu und kam auf über 36 Prozent der Stimmen, SPÖ und FPÖ verloren massiv. Die Grünen legten stark zu. Die von vielen erwartete und von einigen erhoffte ÖVPGrün-Koalition wird es in der Grazer Burg aber eher nicht geben. Da auch
KPÖ (drei Mandate) und Neos (zwei Mandate) Landtagssitze ergatterten, kommen die beiden siegreichen Parteien trotz ihrer Zuwächse zusammen nur auf 24 der 48 Mandate. Das ist keine Regierungsmehrheit. ÖVPChef LH Hermann Schützenhöfer hielt sich am Sonntag, was Koalitionsaussagen betrifft, bedeckt. Eine Fortsetzung der bisherigen ÖVPSPÖ-Zusammenarbeit gilt als nicht unwahrscheinlich. Was die Koalitionsverhandlungen in Wien betrifft, können sich die Verhandlungspartner ÖVP und Grüne bestätigt sehen.
Mit ihrem Wahlsieg stellte die ÖVP wieder jene Verhältnisse her, die in der Steiermark bis 2005 herrschten. Damals verlor die ÖVP ihre dominierende Stellung an die
SPÖ, die mit Franz Voves zehn Jahre lang den Landeshauptmann stellte. Auch 2015 war die SPÖ noch knapp stärkste Partei, Voves überließ aber den LH-Sessel seinem Regierungspartner Schützenhöfer. Der nun den Landeshauptmannbonus voll nutzte und – mit Rückenwind aus Wien – einen glänzenden Wahlsieg feierte.
Ungläubiges Staunen und grenzenloser Jubel herrschten am Wahlabend in der Parteizentrale der steirischen ÖVP. Nach 14 Jahren den 2005 an die SPÖ verlorenen ersten Platz zurückerobert, und das mit einem enormen Vorsprung – Wahlsieger und Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer wirkte am Sonntag zu Tränen gerührt.
Nicht so der eigens angereiste ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Er sprach von einem sensationellen Erfolg für Schützenhöfer, erinnerte daran, dass die ÖVP die sechste erfolgreiche Landtagswahl in Folge geschlagen habe, und ortete Rückenwind für die ÖVP in ganz Österreich.
Schützenhöfer befindet sich nun in der gleichen Lage wie Kurz auf Bundesebene. Er kann unter mehreren Koalitionsoptionen wählen. Nur eine Koalition mit den Grünen geht sich nicht aus. Möglich wäre eine Dreierkoalition von ÖVP, Grünen und Neos. Schützenhöfer will nun mit allen Parteien reden und erst danach eine Entscheidung treffen.
Wortkarg zeigte sich am Wahlabend die SPÖ. Der Verlust von Platz eins in der Steiermark schmerzt, andererseits fiel der Absturz nicht so schlimm aus wie in vielen Umfragen prognostiziert. SPÖ-Landeshauptmannstellvertreter Michael Schickhofer hatte sich im Wahlkampf demonstrativ von der krisengeschüttelten Bundespartei distanziert und damit ein besseres Ergebnis erzielt als bei der Nationalratswahl im September. Seine Ablöse als Landesparteichef war am Wahlabend kein Thema.
Ob SPÖ-Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner die neuerliche Wahlniederlage politisch überlebt, ist fraglich. Sie selbst sprach von einem schmerzlichen Ergebnis. Zur Verteidigung Rendi-Wagners
rückte Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch aus. Schuld am „sehr schmerzlichen Ergebnis“in der Steiermark sei nicht Rendi-Wagner, sondern die Entscheidung des damaligen SPÖ-Landeshauptmanns Franz Voves im Jahr 2015, den Landeshauptmannsessel und den damit verbundenen Bonus der ÖVP und Schützenhöfer zu überlassen, sagte Deutsch.
Auswirkungen hat die SPÖ-Niederlage in der Steiermark auf den Bundesrat. Die SPÖ verliert dort ein
Mandat und damit ihre bisherige Sperrminorität gegen Verfassungsänderungen, die in die Kompetenzen der Länder eingreifen.
Äußeren Faktoren gibt auch die FPÖ die Schuld an ihrem schlechten Abschneiden in der Steiermark. Ihr Spitzenkandidat Mario Kunasek sprach von einer schmerzlichen Niederlage, die auf die negative Themenlage zurückzuführen sei. FPÖ-Chef Norbert Hofer lobte den „fehlerlosen“Wahlkampf der steirischen FPÖ. Leider sei man aber neuerlich von den Nachwirkungen des
Ibiza-Skandals getroffen worden. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky machte die „Skandalisierung und das mediale Trommelfeuer“für die blaue Niederlage verantwortlich. Dafür sei das Ergebnis durchaus respektabel, sagte Vilimsky. Der Grundstein für eine große Wählerrückholaktion sei gelegt.
Jubel gab es am Wahlabend naturgemäß bei den Grünen. Die annähernde Verdoppelung in der Steiermark wird bei ihnen als Zeichen dafür angesehen, dass der Weg in eine Koalition mit der ÖVP auf Bundesebene richtig sei. Das steirische Ergebnis „bestätigt den Weg Richtung Koalitionsverhandlungen und einer ersten grünen Regierungsbeteiligung“, meinte der grüne Landeshauptmannstellvertreter von Salzburg, Heinrich Schellhorn. Ähnlich äußerten sich auch viele andere Grün-Politiker. Die Erleichterung, dass ihnen die Wähler die Verhandlungen mit der ÖVP und Sebastian Kurz nicht übel nehmen, ist deutlich zu spüren.
Die Neos, die auf Bundesebene um wenige Prozente an der Teilnahme am Koalitionspoker vorbeigeschrammt sind, hoffen nun auf eine Regierungsbeteiligung in der Steiermark. Mit dem erstmaligen Einzug in den Landtag haben sie den Grundstein dafür gelegt. Generalsekretär Nikola Donig zeigte sich für eine Dreierkoalition aus ÖVP, Grünen und Neos offen. Er appellierte an Wahlsieger Schützenhöfer, nicht die billigsten Partner zu wählen – gemeint: die Wahlverlierer SPÖ oder FPÖ –, sondern die besten.
Für Erstaunen sorgte einmal mehr das Abschneiden der KPÖ. Mit klarem Fokus auf die Themen Soziales und Wohnen hat sie zum dritten Mal in Folge den Einzug in den steirischen Landtag geschafft, während sie keinem anderen Landtag angehört. Spitzenkandidatin Claudia Klimt-Weithaler sprach von einem „kollektiven Erfolg“.