Frust führt zur Latino-Rebellion
Die Unruhen in Lateinamerika reißen nicht mehr ab. Ein Land nach dem anderen wird von der Aufstandsbewegung erfasst. Dabei zeigt sich ein klarer Nachahmungseffekt: Die Bilder vom Aufruhr in den Nachbarstaaten treiben die Menschen auf die Straße. Die Rebellion der Latinos 2019 wird zu einer Kettenreaktion wie die Revolution der Ostmitteleuropäer 1989.
Auch die Regierenden in den Latino-Ländern schauen alarmiert auf die dramatischen Szenen in der Nachbarschaft. So wuchtig ist der Protest, dass politische Hinhaltetaktik die Wut der Menschen nicht mehr dämpfen kann.
Chiles Staatschef Piñera hat mit einer solchen Reaktion den Unmut der Demonstranten noch gesteigert, ehe er richtigerweise soziale Reformen und eine neue Verfassung ankündigte. Kolumbiens Staatschef Duque ruft deshalb schon bald nach dem Aufflammen der Proteste in seinem Land zu einem nationalen Dialog auf.
Ein länderübergreifendes Gefühl der Frustration facht die Latino-Rebellion an. Zwei Jahrzehnte lang haben viele Länder vom weltweiten Rohstoffboom profitiert. Dank umfangreicher Sozialprogramme konnten Tausende Arme in die Mittelschicht aufsteigen. Nach dem Ende der Hochkonjunktur aber herrschen bei vielen Menschen Abstiegsängste. Eine große Mehrheit der Latinos muss erkennen, dass es soziale Sicherheit noch immer nur für die Wohlhabenden gibt; und dass nach wie vor eine riesige Kluft zwischen Arm und Reich klafft.
Was die Protestierenden in den Latino-Ländern eint, ist das Empfinden, dass sich die Eliten abgekoppelt haben vom Alltag der Bevölkerungsmehrheit.