Führungswechsel in der SPÖ, aber nur in der Steiermark
Michael Schickhofer warf das Handtuch. Die Rufe nach einer inhaltlichen Neuausrichtung der Partei werden immer lauter. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner fühlt sich „voller Tatenkraft“.
SPÖ-Chefin Pamela RendiWagner denkt auch nach dem jüngsten Wahldebakel nicht ans Aufgeben. Im Gegenteil sei sie „fest entschlossen und voller Tatenkraft, den Erneuerungsprozess der SPÖ voranzutreiben“, teilte ihr Kommunikationschef mit. Das Handtuch geworfen hat indes der steirische SPÖChef Michael Schickhofer. Und die
Rufe nach einer Neuausrichtung der SPÖ werden immer lauter.
Am deutlichsten wurde Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser, der hart mit seiner Partei ins Gericht ging. Deren aktuellen Zustand beschrieb er so: „Untätig, hilflos, in einem roten Elfenbeinturm sitzend.“Als Kritik an Rendi-Wagner wollte er das ausdrücklich nicht verstanden wissen. Die Partei solle keine personelle, aber endlich die notwendige inhaltliche Debatte führen. Kaiser drängt auf eine Re-Ideologisierung der Sozialdemokratie.
Einen inhaltlichen Neustart und keine Personaldebatte fordert auch Gerhard Zeiler, der immer wieder als möglicher SPÖ-Chef im Gespräch war. Diesen Job will er nicht, gab er bei der Präsentation seines Buchs „Leidenschaftlich rot“zu Protokoll. Ins Visier parteiinterner Kritik rückt zunehmend Rendi-Wagners Vorgänger Christian Kern. Auch, was den Schuldenberg betrifft, den die Parteichefin übernommen hat. Wie die angeschlagene Partei finanziell saniert werden soll, wird am Dienstag präsentiert.
Einen Tag nach der schweren SPÖ-Schlappe in der Steiermark wurden die Weichen für eine personelle Neuaufstellung gestellt: ExVerkehrsminister Jörg Leichtfried soll die Landespartei interimistisch führen, wie der steirische Parteivorstand beschlossen hat. Das war auch der Wunsch des bisherigen Parteichefs Michael Schickhofer, der am Montag zurücktrat.
Zugleich soll SPÖ-Finanzlandesrat Anton Lang in die Gespräche mit ÖVP-Landeshauptmann und Wahlsieger Hermann Schützenhöfer gehen – und die SPÖ auch in mögliche Regierungsverhandlungen führen. Eine Neuauflage von Schwarz-Rot ist das erklärte Ziel der steirischen SPÖ, wie bei der Pressekonferenz nach dem Parteivorstand herauszuhören war.
Bis zur Entscheidung, ob es zu einer Koalition komme, sei er zum Geschäftsführer der steirischen SPÖ bestellt worden, sagte Leichtfried. Er war bisher nicht nur Vizeparteiobmann in der Steiermark. Er ist vor allem stellvertretender Klubchef der SPÖ im Nationalrat und als rechte Hand von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner einer der roten Hauptakteure im Parlament. Wenn es aber einmal mehr zu einer Regierung aus ÖVP und SPÖ in der Steiermark kommt, soll Anton Lang Parteiobmann und Landeshauptmannstellvertreter werden. Was passiere, wenn die SPÖ wider Erwarten nicht mehr Teil der neuen Regierung werde? „Dann müssen wir neu debattieren“, sagte Leichtfried.
Tatsächlich ist eine neuerliche Zusammenarbeit von Rot und Schwarz in der Steiermark die wahrscheinlichste Variante. Zum einen gilt Landeshauptmann Schützenhöfer
als Freund von SchwarzRot. Zum anderen ist er alles andere als ein Fan der FPÖ, mit der sich eine Koalition rein rechnerisch ebenfalls ausginge. Möglich wäre auch eine Zusammenarbeit zwischen ÖVP, Grünen und Neos, aber das wäre kompliziert. Eine Regierung mit den steirischen Roten gilt demnach als einfachste Variante. Wobei die SPÖ mindestens einen ihrer vier Landesratsposten würde abgeben müssen. Die will keinesfalls auf den Soziallandesrat verzichten.
Leichtfried hat schon Regierungserfahrung in der Landespolitik: Bevor er 2016 Verkehrsminister in die Bundesregierung wurde, war er ein Jahr lang Verkehrslandesrat in der Steiermark. Der Chef der Landesregierung hieß schon damals Hermann Schützenhöfer.
Die SPÖ fuhr am Sonntag ihr historisch schlechtestes Wahlergebnis ein. Der 2005 von Franz Voves für die SPÖ erstmals errungene Platz eins im Land ist dahin. Die ÖVP hat wieder die Nase vorn – mit Abstand. Während die ÖVP bei 36 Prozent (plus rund acht Prozentpunkte) liegt, schaffte die SPÖ nur noch 23 Prozent (minus sechs Prozentpunkte).
Die am Montag ausgewerteten rund 90.000 Briefwahlstimmen haben den Mandatsstand noch deutlich geändert: SPÖ und Grünen haben jetzt eines mehr als in der Urnenwahl – zulasten von FPÖ und KPÖ. Eine schwarz-grüne Mehrheit gibt es damit aber immer noch nicht. Das Ergebnis inklusive Briefwahl bringt folgende Sitzverteilung im nächsten steirischen Landtag: ÖVP 18 (plus 4), SPÖ 12 (minus 3), FPÖ 8 (minus 6), Grüne 6 (plus 3), KPÖ unverändert 2 – und NEOS neu im Landtag mit 2 Mandaten.