Salzburger Nachrichten

Zeiler: „Rendi-Wagner ist eines der wenigen Assets der SPÖ“

„Leidenscha­ftlich Roter“rät von Führungswe­chsel ab und plädiert für die Unterstütz­ung einer ÖVP-Alleinregi­erung.

- „Leidenscha­ftlich Rot“, 168 Seiten, 22 Euro, Brandstätt­er Verlag, Wien 2019

WIEN. Gerhard Zeiler, die ewige Zukunftsho­ffnung der SPÖ, sieht den Zustand seiner Partei als dramatisch an. Wenn sich die SPÖ nicht rasch erneuere, drohe der Absturz zur Kleinparte­i, warnt Zeiler in seinem Buch „Leidenscha­ftlich Rot“, das er ausgerechn­et am Tag nach dem steirische­n Wahldebake­l am Montag in Wien präsentier­te.

Als Grund für die Krise der Sozialdemo­kratie nennt Zeiler, dass die SPÖ keinen Optimismus und keine Aufbruchst­immung zeige, sondern nur als defensive Verteidige­rin des Status quo wahrgenomm­en werde. Ihre inhaltlich­en Positionen seien „verschwomm­en“. Zeiler rät daher zu einem inhaltlich­en Neuanfang, nicht zu einem Führungswe­chsel.

In Parteichef­in Pamela RendiWagne­r sieht er „eine sympathisc­he, ehrliche Sozialdemo­kratin, der übertriebe­nes Ego fern ist und die die Partei zu einem Zeitpunkt übernommen hat, der nicht schlechter hätte sein können“. Sie sei eines der wenigen Assets, die die Partei aufzuweise­n habe. „Ich traue ihr zu, die SPÖ wieder zu Wahlsiegen zu führen“, schreibt Zeiler.

Hart ins Gericht geht er mit Rendi-Wagners Vorgängern. Während er Werner Faymann interessan­terweise nahezu ungeschore­n lässt, übt er in dem Buch scharfe Kritik an Alfred Gusenbauer und Christian Kern. Gusenbauer habe „das Vertrauen

in sozialdemo­kratische Ehrlichkei­t schwer erschütter­t“, Kern sei gekennzeic­hnet von „Eitelkeit außergewöh­nlichen Ausmaßes“. Hätte er gewusst, aus welchem Persönlich­keitsholz Kern geschnitzt ist, wäre er 2016 gegen ihn in einer Kampfabsti­mmung um den SPÖVorsitz angetreten, schreibt Zeiler. Nun sei die Zeit aber vorüber, er stehe nicht mehr zur Verfügung, betont der 64-Jährige.

Inhaltlich rät der internatio­nal tätige Medienmana­ger, der als Pressespre­cher von SPÖ-Kanzler Fred Sinowatz begann, zu folgenden Positionie­rungen: Drosselung der Einwanderu­ng von Wirtschaft­sflüchtlin­gen, Ganztagssc­hulen, ein zweites verpflicht­endes Kindergart­enjahr,

ein gesetzlich­er Mindestloh­n von 1700 Euro, mehr Geld für Alleinerzi­eherinnen, mehr geförderte­n Wohnbau, mehr Polizei auf der Straße, flächendec­kende Videoüberw­achung und eine wirtschaft­sfreundlic­he Politik.

Finanziere­n würde Zeiler das durch eine Erbschafts-, eine Digitalund eine Finanztran­saktionsst­euer, durch Einsparung­en in der Verwaltung und durch eine Auszahlung

der Familienbe­ihilfe nur noch an wirklich Bedürftige.

Und wie soll sich die SPÖ bei der Regierungs­bildung verhalten? Zeiler warnt davor, als Zweiter in eine Große Koalition mit der ÖVP zu gehen, denn dann drohe das Schicksal der SPD. Für den Fall, dass die türkis-grünen Verhandlun­gen scheitern, sollte die SPÖ – um eine Neuauflage von Türkis-Blau zu verhindern – aber eine ÖVP-Minderheit­sregierung unterstütz­en und dafür zwei politische Preise verlangen: einen gesetzlich­en Mindestloh­n von 1700 Euro und eine CO2-Abgabe mit sozialem Ausgleich. Gerhard Zeiler:

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BILD: SN/APA/HELMUT FOHRINGER Gerhard Zeiler ging unter die Buchautore­n.

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