Nur eine kurze Atempause
Ein Aufatmen geht durch Hongkong. Eine Woche nach den gewaltsamen Ausschreitungen an einer Universität blieb die Lage dieses Wochenende ruhig. Statt auf die Barrikaden gingen viele Hongkonger in die Wahllokale – und zwar so viele wie noch nie bei einer Kommunalwahl.
Die Bürger nahmen ein Recht wahr, das sie auch auf höherer Ebene durchsetzen wollen: das Recht auf freie Wahlen. Dass nun 17 von 18 Bezirken an prodemokratische Kräfte gingen, ist ein Zeichen an die Regierungen in Peking und Hongkong: Die Hongkonger Bevölkerung unterstützt die Aktivisten. Ein Ergebnis, das den Demonstranten Mut gibt weiterzumachen.
Zugleich sollte die Wahl nicht überbewertet werden. Die Bezirksräte haben kaum politische Macht. Es ist unwahrscheinlich, dass die Hongkonger Regierung die Forderungen der Demonstranten erfüllen wird. Bis auf eine unabhängige Untersuchung der Polizeigewalt sind die Forderungen wohl nicht zu erfüllen.
Peking wird nicht zulassen, dass die Regierung der einstigen Kolonie in freien Wahlen gewählt wird. Auch zeigt Hongkongs Regierung keine ernsthafte Bereitschaft, auf die Aktivisten zuzugehen. Dass Carrie Lam nun „demütig und ernsthaft“über das Wahlergebnis nachdenken will, ist Augenwischerei.
Es wird also zu weiteren Protesten kommen. Und die Proteste könnten in ihrer Gewalt eskalieren. Denn das Wahlergebnis hat vor allem eines ausgelöst: Es hat die Demonstranten bestärkt weiterzumachen. Chinas Regierung wird aber weiter blockieren. Die Verschnaufpause in Hongkong wird nicht von Dauer sein.