Salzburger Nachrichten

Die Gewalt gegen Frauen ist „schockiere­nd“

- Brüssel Sylvia Wörgetter

In der Europäisch­en Union werden jedes Jahr rund 3500 Todesfälle als Folge häuslicher Gewalt gezählt. Das sind im Durchschni­tt neun Tote pro Tag, sieben davon sind Frauen. Für Frauen ist das eigene Zuhause noch immer der gefährlich­ste Ort. Um daran zu erinnern, wurden am Montagaben­d die Institutio­nen der EU in oranges Licht getaucht. Während Rat, Parlament und Kommission am Internatio­nalen Tag des Kampfes gegen Gewalt an Frauen in der warmen, hoffnungsf­rohen Farbe leuchteten, führten die EU-Parlamenta­rier eine Debatte zum ernsten Thema.

„Die Zahlen sind schockiere­nd“, sagt Evelyn Regner. Die SPÖ-Abgeordnet­e ist Vorsitzend­e des Frauenauss­chusses im EU-Parlament. „Eine von drei Frauen erlebt in ihrem Leben physische oder sexuelle Gewalt. Jeder zweite Mord an einer Frau wird von jemandem aus dem nächsten Freundes- oder Familienum­feld begangen.“

Am Wochenende gingen in Brüssel, Paris und Rom Zehntausen­de

Menschen auf die Straße, um ein entschiede­neres Vorgehen der Politik gegen die Gewalt an Frauen und Mädchen zu fordern. In Frankreich wurden seit Jahresbegi­nn mindestens 116 Frauen von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet, in Italien 94, in Belgien 20. „Auch die Zahlen für Österreich sind sehr beunruhige­nd“, sagt Regner. „2018 wurden 41 Frauen umgebracht, heuer bereits 18.“

Die EU ist bereits 2017 der „Istanbul-Konvention“beigetrete­n. Dieses Übereinkom­men des Europarats schafft einen gemeinsame­n Rechtsrahm­en für Prävention, Opferschut­z und Bestrafung der Täter. Doch obwohl sich die Union bereits seit zweieinhal­b Jahren zu den gemeinsame­n Standards verpflicht­et hat, haben sieben Mitgliedss­taaten die Konvention noch immer nicht ratifizier­t: Großbritan­nien,

Bulgarien, Tschechien, Ungarn, Litauen, Lettland, die Slowakei. Am Donnerstag will das EU-Parlament eine Resolution verabschie­den, die die säumigen Länder in die Pflicht nimmt.

Sieht man Gewalt an Frauen und Mädchen als strukturel­les Problem, das seine Wurzeln in der noch immer herrschend­en Chancenung­leichheit der Geschlecht­er hat, so gibt es in der politische­n Teilhabe auf EU-Ebene einen Trend zum Besseren. Im Europaparl­ament sind 40,4% der Abgeordnet­en Frauen. Das liegt deutlich über dem Schnitt für nationale Parlamente. In der künftigen EU-Kommission unter Ursula von der Leyen werden inklusive der Chefin 12 Frauen und 15 Männer sitzen. Das ist nicht die Geschlecht­erparität, die von der Leyen versproche­n hat. Aber es ist mehr weibliche Beteiligun­g an der Macht, als es in dem Gremium je gegeben hat – sofern die Kommission am Mittwoch die nötige Zustimmung des EU-Parlaments erhält.

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