Wolldiebstähle am lebenden Leibe der Schafe häuften sich
Von 1914 bis 1954 hat der Rauriser Schuldirektor Siegmund Narholz alles aufgeschrieben, was im Ort passierte. Jetzt wird sein „Dorfbuch“veröffentlicht.
Der ehemalige Direktor der Volksschule Rauris war ein vielseitig interessierter Mann. Er plante 1928 das erste Schwimmbad im Ort, baute eine große Krippe für die Kirche, sammelte Sagen, machte Tausende Fotos, gründete Theater- und Brauchtumsgruppen und war auch Mitgründer der Feuerwehr Wörth und des Heimatmuseums. Am liebsten beschäftigte er sich mit den Traditionen und der Geschichte des Ortes.
Narholz wurde 1881 als Sohn des Gemeindearztes in Leogang geboren und sollte auch Arzt werden. Aber weil sein Vater bei einem Hausbesuch verunglückte, konnte er nicht studieren und machte stattdessen die Lehrerausbildung in Salzburg. 1902 kam er als Lehrer nach Rauris, wo er bis zu seinem Tod am 12. August 1962 blieb. Von 1914 bis 1954 hat er alle interessanten Ereignisse im Ort in einer umfangreichen Chronik aufgezeichnet. Vor allem ungewöhnlichen Wetterlagen, Katastrophen, Unglücken und Todesfällen widmete er sich, in Notzeiten aber auch der Versorgungslage und der Stimmung in der Bevölkerung.
Sein „Rauriser Dorfbuch“war bekannt, wurde aber bis heute nicht herausgegeben. Siegfried Kopp, Narholz’ Nachfolger als Museumskustos, sagt: „In den 1990er-Jahren hat es die Gemeinde von seiner Tochter gekauft, damit es nicht aus dem Tal kommt. Er hat bis 1948 in Kurrentschrift geschrieben. Ich habe es in den letzten Jahren transkribiert.“Via Aurea, ein Verein für Bergbaugeschichte mit Sitz in Bad Hofgastein, hat es nun verlegt. Das „Dorfbuch“wird am 10. Dezember um 19 Uhr in der Alten Schule in Bucheben präsentiert.
Die Chronik bietet einen einzigartigen Einblick in den Rauriser Alltag in harten Zeiten. Das Leben war gefährlich. Regelmäßig berichtet Narholz von Leuten, die von Stieren getötet wurden, und von Kindern, die in der Ache ertranken. Andere Dinge und Diskussionen scheinen sich hingegen nie zu verändern.
Über den Ersten Weltkrieg heißt es: „Fett gab es überhaupt keines mehr. Kinder von Nichtund Kleinbauern schliefen in der Schule vor Hunger ein. Die Bäcker haben das Backen wegen Mehlmangel eingestellt. Ganz schlimm stand es um die Tabakraucher. Die Hausgärten wurden in förmliche Tabakplantagen umgewandelt. Huflattich, Buchenblätter, Walnußblätter und Heublumen waren willkommener Tabakersatz.
Dem Heustadlbauer schmeckte sein ,Eigenbau‘ so, dass er sich nach Aussage des Arztes seinen ,Gsund‘ verrauchte.“
Am 14. Februar 1925 schreibt er: „Ein Winter ohne Schnee. An diesem Tage setzte ein orkanartiger Sturm ein. Häuser und Stallungen wurden abgedeckt, Bäume geworfen u. a. m. Als der Sturm sich legte, begann es zu schneien. Über Tag fiel 1 m tief Schnee. Der erste Schnee!!“
Am 21. März 1928 sterben 13 Wiener Skiläufer bei der Abfahrt vom Sonnblick in einer Lawine. Ein Unwetter am 29. August 1932 richtete Verwüstungen an, „wie sie früher nie gesehen wurden. Ein Haus wurde in der Mitte abgerissen.“Eine Mutter, die ihr kleines Kind im Arm hatte, nahmen die Fluten mit. Die Frau wurde gerettet, das Kind fand man nie mehr. Felder waren meterhoch mit Felsen bedeckt und mussten aufgegeben werden.
Im und nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte erneut Mangel an allem. Im Eintrag vom 9. Jänner 1947 heißt es: „Der Hun
„Narholz hat auch unzählige Fotos und Filme gemacht.“