Achilles, die Schildkröte und Buridans Esel
Warum werden das Uniund das Wehrbudget nie so erhöht wie versprochen? Die Antwort weiß ein griechischer Philosoph.
Politik ist ein Prozent-Geschäft. Und das nicht nur an Wahltagen, sondern auch was Ankündigungen und Zielsetzungen betrifft. Seit Jahr und Tag nimmt sich Österreich beispielsweise vor, sein Wehrbudget auf ein Prozent und sein Universitätsbudget auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (des berühmten BIP) zu erhöhen. In Wahrheit dümpelt das Wehrbudget bei 0,55 und das Unibudget bei 0,87 Prozent herum. BIP, BIP! Warum ist das so?
Einen bemerkenswerten Hinweis in dieser Sache lieferte nun der Chef der Universitätenkonferenz und Rektor der Universität Klagenfurt, Oliver Vitouch. Er erinnerte an das Paradoxon des Zenon, das irgendwie alles erklärt, was in der Politik vorgeht.
Zenon von Elea, ein griechischer Philosoph, lehrte nämlich, dass selbst ein Superstar und Spitzenläufer wie Achilles niemals eine Schildkröte einholen kann, wenn er ihr am Start auch nur den geringsten Vorsprung gewährt.
Denn um die Schildkröte überholen zu können, muss er sie zunächst einholen. Bis er sie erreicht hat, ist die Schildkröte aber schon wieder ein Stück weitergegangen, hat also neuerlich einen Vorsprung. Dieser ist zwar kleiner als der erste, aber Achilles muss ihn wieder aufholen. Und bis er das geschafft hat, ist die Schildkröte neuerlich ein Stückchen voran, und so weiter und so fort. Woraus Zenon schließt, dass selbst der schnellste Läufer eine Schildkröte niemals einholen kann.
Diesen prachtvollen Vergleich wendet seine Magnifizenz, der Klagenfurter Rektor, nun auf die Entwicklung des Unibudgets an: Es wird von der Politik zwar immer wieder ein bissel erhöht, aber niemals so stark, dass es das gottlob kräftige Wachstum der heimischen Wirtschaft jemals einholen kann. BIP, BIP!
Auf das Verteidigungsbudget trifft das Paradoxon des Zenon ebenso zu, auch wenn man unser Bundesheer wohl kaum mit einem Achill vergleichen kann. (Mit einer Schildkröte übrigens auch nicht, da das Bundesheer ja fast keinen Panzer mehr hat.)
Egal. Die ewig siegreiche Schildkröte hat irgendwie das Zeug dazu, zum Wappentier der österreichischen Politik aufzusteigen (langsam halt …), wofür auch das Tempo der aktuellen Koalitionsverhandlungen spricht.
Diese erinnern übrigens noch an ein weiteres philosophisches Paradoxon: Buridans Esel. Herr Buridan lehrte, dass ein Esel, der zwischen gleich großen, gleich duftenden und gleich weit entfernten Heuhaufen steht, verhungern muss, weil er sich niemals für einen der Haufen entscheiden kann.
Ein Bild, das ideal zu den laufenden Regierungsverhandlungen passt, nicht wahr? Wobei sich nur die Frage stellt, wer – bei allem Respekt – der Esel und wer der Heuhaufen ist.