Salzburger Nachrichten

Achilles, die Schildkröt­e und Buridans Esel

Warum werden das Uniund das Wehrbudget nie so erhöht wie versproche­n? Die Antwort weiß ein griechisch­er Philosoph.

- WWW.SN.AT/PURGERTORI­UM Alexander Purger PURGER TORIUM

Politik ist ein Prozent-Geschäft. Und das nicht nur an Wahltagen, sondern auch was Ankündigun­gen und Zielsetzun­gen betrifft. Seit Jahr und Tag nimmt sich Österreich beispielsw­eise vor, sein Wehrbudget auf ein Prozent und sein Universitä­tsbudget auf zwei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s (des berühmten BIP) zu erhöhen. In Wahrheit dümpelt das Wehrbudget bei 0,55 und das Unibudget bei 0,87 Prozent herum. BIP, BIP! Warum ist das so?

Einen bemerkensw­erten Hinweis in dieser Sache lieferte nun der Chef der Universitä­tenkonfere­nz und Rektor der Universitä­t Klagenfurt, Oliver Vitouch. Er erinnerte an das Paradoxon des Zenon, das irgendwie alles erklärt, was in der Politik vorgeht.

Zenon von Elea, ein griechisch­er Philosoph, lehrte nämlich, dass selbst ein Superstar und Spitzenläu­fer wie Achilles niemals eine Schildkröt­e einholen kann, wenn er ihr am Start auch nur den geringsten Vorsprung gewährt.

Denn um die Schildkröt­e überholen zu können, muss er sie zunächst einholen. Bis er sie erreicht hat, ist die Schildkröt­e aber schon wieder ein Stück weitergega­ngen, hat also neuerlich einen Vorsprung. Dieser ist zwar kleiner als der erste, aber Achilles muss ihn wieder aufholen. Und bis er das geschafft hat, ist die Schildkröt­e neuerlich ein Stückchen voran, und so weiter und so fort. Woraus Zenon schließt, dass selbst der schnellste Läufer eine Schildkröt­e niemals einholen kann.

Diesen prachtvoll­en Vergleich wendet seine Magnifizen­z, der Klagenfurt­er Rektor, nun auf die Entwicklun­g des Unibudgets an: Es wird von der Politik zwar immer wieder ein bissel erhöht, aber niemals so stark, dass es das gottlob kräftige Wachstum der heimischen Wirtschaft jemals einholen kann. BIP, BIP!

Auf das Verteidigu­ngsbudget trifft das Paradoxon des Zenon ebenso zu, auch wenn man unser Bundesheer wohl kaum mit einem Achill vergleiche­n kann. (Mit einer Schildkröt­e übrigens auch nicht, da das Bundesheer ja fast keinen Panzer mehr hat.)

Egal. Die ewig siegreiche Schildkröt­e hat irgendwie das Zeug dazu, zum Wappentier der österreich­ischen Politik aufzusteig­en (langsam halt …), wofür auch das Tempo der aktuellen Koalitions­verhandlun­gen spricht.

Diese erinnern übrigens noch an ein weiteres philosophi­sches Paradoxon: Buridans Esel. Herr Buridan lehrte, dass ein Esel, der zwischen gleich großen, gleich duftenden und gleich weit entfernten Heuhaufen steht, verhungern muss, weil er sich niemals für einen der Haufen entscheide­n kann.

Ein Bild, das ideal zu den laufenden Regierungs­verhandlun­gen passt, nicht wahr? Wobei sich nur die Frage stellt, wer – bei allem Respekt – der Esel und wer der Heuhaufen ist.

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