Hermann und Marcel
Salzburg schreibt die besten Geschichten – den Wochensieg holt sich diesmal Lukas Lachnit aus Wien. Er hat Erinnerungen an einen Urlaub im Pongau niedergeschrieben.
Meine damalige Freundin und ich bekamen von meinen theoretischen Schwiegereltern einen Wanderurlaub für zwei in einem Nobelwellnesshotel in Großarl geschenkt.
Angekommen im holzvertäfelten Hotel, waren wir umringt von Menschen in Businessoutfits und wurden empfangen von einer älteren Dame in einem prachtvollen Dirndl, die meine damalige Freundin, ein wohlerzogenes Mädl aus Baden, wohlwollend und mich mit meinem ein wenig ausgeleierten Marshall-Amplification-T-Shirt inkl. genauso ausgeleierter Jeans ein wenig irritiert begutachtete.
Wir schafften es pünktlich zum siebengängigen Abendessen. Meine damalige Freundin war in ihrem Element und ich – wir waren damals sehr jung – mit meinem FU**!-T-Shirt auch, und obwohl dies selbstverständlich für Farin Urlaub Racing Team (eine Band) stand, ging dem Abendessen ein zweistündiger Streit voraus, warum ich ihr dies antun müsse und nicht wenigstens ein einziges Mal so sein könne wie alle anderen auch bzw. dass ich meine rebellischen Anfälle ja das restliche Jahr ausleben könne. Als die strenge Dame im prachtvollen Dirndl aber bemerkte, dass ich mich sonst peinlich exakt an alle Regeln der Höflichkeit hielt, hatte ich ihr Herz gewonnen.
Am nächsten Tag konnten wir nun endlich das tun, weswegen wir eigentlich gekommen waren, und wanderten – das hatten wir uns vorgenommen – ungeplant bergauf, bis wir auf eine Alm trafen, bei der wir eine ausgiebige Pause machen konnten. Dies funktionierte bis zum vorletzten Tag wunderbar.
An dieser Stelle sei gesagt, dass wir uns wirklich ausnahmslos an jedem Tag dachten, dass es unmöglich sei, dass wir einen noch schöneren Wanderweg finden könnten, weil einfach alles dabei war. Vom gemütlichen Familien wand er weg bis hin zur sportlichen Bergsteiger kondit ions prüfung inkl. ausnahmslos immer unfassbar schöner Landschaft. Also jedem, der gern wandert, kann ich Großarl nur ans Herz legen.
Zurück zur Geschichte. Wir fanden diesmal schon auch eine Alm, die aber leider geschlossen war. Wir rasteten auf dem Bänkchen davor, und als kämen sie uns trösten, hüpften uns zwei junge Kater auf den Schoß.
Als wir zurück zum Hotel aufbrachen, folgten sie uns und obwohl wir uns halbstündlich dachten, dass die beiden doch irgendwann wieder umdrehen würden, folgten sie uns, bis das Hotel in Sichtweite war. Da für uns beide klar war, dass wir die armen Tierchen, die am Ende ihrer Kräfte waren, niemals so zurücklassen könnten, nahmen wir je einen Kater, gingen den gesamten Weg zur Alm wieder hinauf und klopften.
Zum Glück machte eine junge Dame im Arbeitsgewand auf und strahlte: „GOTT SEI DANK, do sans, der Hermann und der Marcel. Scho wieda sans owe. Der Marcel imma duachn Woid und da Hermann imma üwa d’ Wiesn.“Sie lachte – „Mei, ihr seids liawe Leit. Woats …“– und brachte uns zwei unterarmlange Speckbrote und Wasserflaschen für den Heimweg.
Im Hotel angekommen, fielen wir glücklich in einen komatösen Schlaf.