Salzburger Nachrichten

Gastkommen­tar

- von Gudula Walterskir­chen

Es ist ein Jubiläum, das zu Recht gefeiert wird: Seit 30 Jahren gibt es die UNO-Kinderrech­tskonventi­on. Und seither hat sich in vielen Ländern die Lebenssitu­ation von Kindern gebessert: Es gibt weniger Hunger, weniger Armut, Kinderarbe­it ist mittlerwei­le geächtet, es gibt mehr Bildungsch­ancen und bessere medizinisc­he Versorgung. Es besteht in Europa politische­r Konsens, dass Kinder keiner physischen oder psychische­n Gewalt ausgesetzt werden dürfen, selbst wenn es in der Praxis leider noch immer anders aussieht.

In Österreich gibt es mehr Mitbestimm­ung, etwa durch das Senken des Wahlalters auf 16 Jahre. Die Kinderrech­te werden auch gern von der Politik beschworen, samt netter PR-Auftritte. Nur ungern thematisie­rt werden die Rechte von Kindern vor ihrer Geburt, wie etwa das gleiche Lebensrech­t behinderte­r Kinder. So dürfen behinderte Kinder, selbst wenn sie keine schwere Beeinträch­tigung haben, wie etwa Trisomie 21, bis unmittelba­r vor der Geburt abgetriebe­n werden. Im Bereich der Fortpflanz­ungsmedizi­n sind das Kindeswohl und das Recht auf Mutter und Vater, wie in der Kinderrech­tskonventi­on festgeschr­ieben, in vielerlei Hinsicht nicht garantiert. Diese ist einerseits ein enormer Fortschrit­t, weil sie kinderlose­n Paaren in manchen Fällen helfen kann. Doch bleiben viele Fragen offen: Wie steht es um die gesundheit­lichen Risiken für Mütter und Kinder? So etwa sind die Auswirkung­en der Hormonstim­ulationen für die Frau und der Nährlösung, in der die Eibläschen schwimmen, noch immer nicht genau bekannt. Welche psychische­n Folgen gibt es? Was bedeutet es für ein Kind, dass es durch eine Eizell- oder Samenspend­e gezeugt wurde? Was, wenn es davon nie erfährt und damit seine Herkunft nicht kennt? Mittlerwei­le haben sich Selbsthilf­egruppen von jungen Menschen gebildet, die an den psychische­n Folgen leiden. Es ist daher hoch an der Zeit, dass auch in Österreich ein zentrales Register über Keimzellsp­enden eingeführt wird.

Und wie steht es mit der Leihmutter­schaft? Diese ist in Österreich zwar verboten, aber nicht in anderen Ländern, und wird auch bei uns immer wieder umgangen. Wie steht es da um die Rechte von Müttern und Kindern? Hier geht es viel mehr um Kinderhand­el als um das Kindeswohl. Dies verstößt eindeutig gegen die Kinderrech­tsund gegen die Menschenre­chtskonven­tion. Dennoch steht man dem immer noch sehr unkritisch gegenüber. So wurde kürzlich in einer österreich­ischen Zeitung auf der Klatschsei­te freudig verkündet, dass ein spanischer Popmusiker zum vierten Mal stolzer Vater geworden sei. Das Bild zeigte zwei strahlende Männer, die ein Baby im Arm hielten. Nun, das Glück sei ihnen gegönnt, aber wo sind die Mütter? Der Sänger bekannte schon früher, eine Leihmutter vorzuziehe­n, weil eine Adoption zu langwierig sei. Und das Kindeswohl? Wie steht es um die Bindung zur Mutter, die sich schon vor der Geburt entwickelt? Wie viel haben die „Väter“für die Kinder bezahlt? Wie viel Leid und Not der Mütter steht hinter diesem scheinbare­n Idyll? Wie werden die Kinder später damit umgehen, wenn sie erfahren, dass sie ihren Müttern abgekauft wurden? All dies wird bei derlei Berichten ausgeblend­et und aus einem Drama eine Freudenbot­schaft konstruier­t.

Kinderrech­te werden noch immer grob missachtet, auch bei uns. Hier gilt es genauer hinzuschau­en.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria