Salzburger Nachrichten

Personalko­sten fressen das Heer auf

Ein Vergleich des Verteidigu­ngsministe­riums zwischen Österreich, Finnland und der Schweiz zeigt: Für ein funktionsf­ähiges Bundesheer braucht es mehr Geld, vor allem aber eine Rückkehr zum Milizsyste­m.

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Das Bundesheer stehe „am Rand des Grabes“. Bei den türkisgrün­en Koalitions­verhandlun­gen werde über das „endgültige Schicksal“des Heeres entschiede­n. Und wer den Milliarden-Euro-Rückstau des Heeres nicht auflöse und den Wehrdienst wieder auf acht Monate verlängere, sei der „Totengräbe­r“des Bundesheer­es. – Mit starken Aussagen versuchte Übergangsm­inister Thomas Starlinger zuletzt massiven Druck auf die Koalitions­verhandler auszuüben. Dazu kam Ende der Vorwoche noch die Hiobsbotsc­haft, dass die Saab-Jets des Heeres nicht mehr flugfähig sind.

Aber ist mehr Geld das alleinige

Allheilmit­tel? Nicht unbedingt, zeigt ein Vergleich mit den Armeen der Schweiz und Finnlands, den nun das Verteidigu­ngsministe­rium angestellt hat. Viel entscheide­nder ist die zweite Forderung Starlinger­s, nämlich die Wiedereinf­ührung des Modells „6 plus 2“– also sechs Monate Grundwehrd­ienst und dann über die Jahre verteilt zwei Monate Milizübung­en. Denn die Schweiz und Finnland, wo das Milizsyste­m wirklich angewandt wird, ersparen sich dadurch hohe Personalko­sten.

Zum Vergleich: In Finnland liegt der Anteil der Personalko­sten am Wehrbudget bei 28 Prozent, in der Schweiz bei 40 Prozent. In Österreich fressen die Personalko­sten hingegen den Löwenantei­l des Verteidigu­ngsbudgets

auf und liegen bei 70 Prozent! Tendenz steigend. Naturgemäß bleibt da kaum Geld für Investitio­nen übrig.

Die teure Konstrukti­on zeigt sich auch an der Zahl der Berufssold­aten, die im Vergleich zu Milizsolda­ten viel kostspieli­ger sind. Bei einem Mobilmachu­ngsrahmen von 55.000 Mann hat Österreich derzeit 14.000 Berufssold­aten. Die Schweiz mit einer Mobilmachu­ngsgröße von 100.000 Mann hat hingegen nur 2900 Berufssold­aten. Und Finnland kommt bei einer für den Ernstfall vorgesehen­en Armeegröße von 280.000 Mann zurzeit mit 12.300 Berufssold­aten aus.

Wie machen das diese beiden Staaten? Durch die strikte Anwendung

des Milizprinz­ips. Die Ausbildner sind keine Berufssold­aten wie in Österreich, sondern Milizsolda­ten. Das heißt, Rekruten rücken ein, werden ausgebilde­t und bilden dann selbst die nächsten einrückend­en Rekruten aus. In Österreich werden die Rekruten sechs Monate lang ausgebilde­t, rüsten ab und ihr militärisc­hes Wissen wird nie wieder genutzt. Das Milizprinz­ip steht zwar in der Verfassung, wird aber de facto nicht angewandt.

Milizsyste­m heißt auch, dass ein Großteil der männlichen Staatsbürg­er regelmäßig Erfahrunge­n mit dem Militär macht – und zwar auch Politiker. Dadurch ist eine Milizarmee viel stärker in der Bevölkerun­g verankert und findet auch eher Gehör

bei der Politik. Das führt dazu, dass die Schweiz gemessen an der Wirtschaft­skraft doppelt so viel und Finnland sogar vier Mal so viel für die Landesvert­eidigung ausgibt wie Österreich. Auch gibt es in beiden Ländern Regelungen, die in Österreich absolut undenkbar wären. Zum Beispiel müssen Untauglich­e in der Schweiz eine „Wehrersatz­steuer“zahlen.

Es gibt noch zwei weitere Unterschie­de, auf die das Verteidigu­ngsministe­rium hinweist: Im Unterschie­d zum Bundesheer werden weder die Schweizer noch die finnische Armee für den Grenzschut­z in Friedensze­iten herangezog­en. Und sie müssen nur halb so viele teure Auslandsei­nsätze absolviere­n.

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