Zumindest mental einfach weg
Unterbrechungen der Arbeit seien wichtig für Gesundheit und Kreativität der Mitarbeiter, sagen Psychologen. Kurze Pausen fördern Wohlbefinden und Output. Mit moderner Technik wird daraus sogar ein interessantes Geschäft.
WIEN. „Beträgt die Gesamtdauer der Tagesarbeitszeit mehr als sechs Stunden, so ist die Arbeitszeit durch eine Ruhepause von mindestens einer halben Stunde zu unterbrechen.“So steht es im Arbeitsgesetz. Über weitere Pausen gibt es keine weiteren klaren Regelungen.
Dabei besteht bei Fachleuten kein Zweifel daran, dass im Lauf eines Arbeitstags immer wieder kürzere Pausen notwendig wären, um Leistungsfähigkeit und Kreativität der Mitarbeiter auf einem hohen Niveau zu halten. Nicht zuletzt dienen solche Pausen der Gesundheitsvorsorge. Zahlreiche Studien belegen, dass entspannte und motivierte Mitarbeiter wesentlich seltener krank werden als gestresste.
Wichtig wären regelmäßige Pausen im Abstand von etwa 90 Minuten, meint Arbeitspsychologin Gisela Obermayr. „Aber es kommt stark auf die Art der Tätigkeit an.“Oftmals wäre es auch besser, eine Pause zu verschieben, wenn es gerade gut läuft und der Mitarbeiter ganz im positiven Arbeitsfluss aufgeht, im sogenannten Flow.
Ideal zur kurzzeitigen Erholung wäre eine möglichst andersartige Tätigkeit. Das heißt etwa Ruhe nach einer anstrengenden körperlichen Tätigkeit. Im Gegensatz dazu aber wäre für jemanden, der den Großteil des Tages sitzend im Büro verbringt, ein kleiner Spaziergang erholsamer, sagt Obermayr. Immer mehr Unternehmen legen Wert auf Betriebliche Gesundheitsförderung
(BGF), manche legen das Thema noch breiter an als Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM). Der Nutzen für Arbeitnehmer – und auch für Unternehmen – liegt auf der Hand. Gesunde und motivierte Mitarbeiter verbessern Leistung und Image des Betriebs, nicht zuletzt profitieren Unternehmen im härteren Wettbewerb um die besten Köpfe durch ein positives Image als attraktiver Arbeitgeber.
Und es geht auch um Geld. Krankenstände verursachen jährlich in Österreich volks- und betriebswirtschaftlich geschätzte Kosten von rund 8,8 Milliarden Euro. Betriebliche Gesundheitsförderung kann eine Senkung der Krankenstandstage um bis zu 25 Prozent bewirken. Im Durchschnitt sind Österreicher jährlich 12,3 Tage krank.
Hier setzt die Grundidee des jungen Unternehmens VR Coach des Salzburger Lebensberaters Michael Altenhofer an. Das Start-up bietet mithilfe moderner interaktiver 3D-Brillen die Möglichkeit, sich für zumindest einige Minuten in eine virtuelle Welt zu versetzen.
Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass bestimmte Naturkulissen als entspannend wahrgenommen werden. Dazu kam die Erkenntnis, „dass es für das menschliche Hirn keinen Unterschied macht, ob man wirklich in der Natur unterwegs ist oder sie lediglich visualisiert, der Effekt ist der gleiche“, sagt Altenhofer.
Das Standardangebot des kleinen Unternehmens mit Sitz in St. Johann im Pongau umfasst eine Virtual-Reality-Brille (VR-Brille), die in
Kombination mit einem frei beweglichen Stuhl ein „Eintauchen“in ausgewählte Landschaften und Szenen ermöglicht. Dazu kommt ein Abo für je fünf Videofilme, die alle drei Monate ausgetauscht werden können. Die Filme dauern zwischen drei und 20 Minuten.
Schon nach drei Minuten gebe es messbare positive Auswirkungen auf das vegetative Nervensystem, sagt Neurobiologe und Hirnforscher Marcus Täuber, der bei VR Coach die Ausbildung zum zertifizierten Virtual Reality Coach leitet.
Bisher nähmen rund 40 Unternehmen das Angebot der kurzzeitigen und gesundheitsfördernden Flucht aus dem Büro in Anspruch, das Interesse sei groß. Und der Einsatz der 3D-Brillen ist keineswegs nur auf die gesundheitsfördernde Entspannung in Unternehmen beschränkt. Auch Thermen und Hotels haben bereits Interesse an den 360-Grad-Entspannungsvideos angemeldet, um ihren Gästen etwas Neues zu bieten.
Was sagt die Expertin dazu? Die Idee gehe in die richtige Richtung, meint Arbeitspsychologin Gisela Obermayr, aber sie stellt die Frage, ob es das wirklich brauche. Sie rät eher dazu, in kleinen Pausen in den Körper hineinzuhorchen, den Geist zu leeren, dazu brauche es keine Hilfsmittel.
Solche Einschätzungen können den Einfallsreichtum des Jungunternehmers nicht bremsen. Altenhofer arbeitet bereits an weiteren Einsatzmöglichkeiten der VR-Brillen. Man könne damit etwa auf Jobmessen neue Arbeitsplätze „erleben“oder geplante Fertigteilhäuser „besichtigen“. Bereits im Einsatz sind VR-Brillen im Tourismus, wo man ferne Reiseziele im Testbetrieb ausprobieren kann.
Altenhofer will noch mehr, die virtuelle Reise selbst könnte zum Hauptprodukt werden. Denn virtuelle Reisen könnten vom Touristenstrom überlastete Gebiete wie Hallstatt oder die Salzburger Innenstadt entlasten – indem man dem Nutzer so viel bietet, „dass er gar nicht mehr live vor Ort sein will“, sagt Altenhofer. Eine entsprechende App soll schon im nächsten Jahr in China, Taiwan und Südkorea angeboten werden. Mit Salzburg, Hallstatt und Wien verhandle man gerade über Drehgenehmigungen.
„Ideal wäre eine Pause alle 90 Minuten.“
Gisela Obermayr, Arbeitspsychologin